Gruppe von jungen Menschen
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Zukunftsforscher

Die Jüngeren als künftig reichste Generation?

Die Aussichten für die junge Generation Z sind besser als je zuvor, sagt Zukunftsforscher Daniel Dettling. Ökonomisch, ökologisch und sozial.

„Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut!“ So vehement und sichtbar hat seit der 68er-Generation keine Generation das Recht auf Zukunft eingefordert wie „Fridays for Future“. Als „No Future“-Generation sahen sich früher auch die Babyboomer als sie jung waren. Umfragen zufolge blickt die große Mehrheit der Generation Z, der zwischen 1995 und 2012 Geborenen, pessimistisch in die Zukunft. Sie sieht sich als Verlierer – ökonomisch, ökologisch und sozial. Den Wohlstand ihrer Eltern fürchten sie nie zu erreichen. Die Generation der Babyboomer (zwischen 1945 und 1964 geboren) gilt als die reichste der Geschichte. Dabei haben die heute Jüngeren mehr zu gewinnen als zu verlieren. Die Aussichten sind besser als je zuvor für die Jungen.

Höhere Gehälter, Erbschaften und Steuereinnahmen

Ökonomisch haben die seit 1995 geborenen Post-Babyboomer noch ein ganzes Arbeitsleben vor sich, selbst Wohlstand anzuhäufen. Dabei starten sie von einem weitaus höheren Niveau. So können Akademiker heute mit einem Gehalt rechnen, das monatlich gut 50 Prozent mehr Kaufkraft als das eines durchschnittlichen Boomers von 1975 hat. Im Unterschied zu diesen wachsen die Jüngeren in einen Arbeitsmarkt hinein, der nicht von Arbeitslosigkeit, sondern von Arbeiterlosigkeit geprägt ist. Davon profitieren alle Berufe, vor allem die sozialen. Die Gehälter von Pflegefachkräften und Erzieherinnen sind in den letzten 10 Jahren überdurchschnittlich gestiegen. Zu den ökonomischen Gewinnern gehören vor allem Frauen. Jüngere Frauen sind zuversichtlicher als Frauen vergangener Generationen, ihre zukünftigen Bedürfnisse finanzieren zu können. Ihr Niveau an finanzieller Unabhängigkeit ist bereits heute höher als bei früheren Generationen. Zudem wird die junge Generation mehr erben als die Generationen vor ihr. Rund 50 Milliarden Euro werden jährlich vererbt (weitgehend steuerfrei), in den nächsten 10 Jahren wird sich der Wert verdoppeln. Und damit auch der Wert möglicher Steuereinnahmen für nötige Investitionen. 

Die Jungen werden in einer grünen Zukunft alt

Ökologisch geht das Ende des fossilen Zeitalters einher mit immensen technologischen Innovationen und nie dagewesenen neuen Geschäftsmodellen. Ein weltweiter Wettbewerb um die grüne Zukunft beschleunigt den Kampf gegen den Klimawandel. Das neue Projekt Klimaneutralität führt nicht zum wirtschaftlichen Untergang, es wird den globalen Wohlstand vergrößern. 2020 betrug das weltweite Volumen für Green Tech noch 4,6 Milliarden Euro, bereits 2030 sollen es Schätzungen zufolge doppelt so hoch sein. Immer mehr Länder sind auf grüne Energie angewiesen. Die heute Jungen werden in einer grünen, weitgehend emissionsfreien Zukunft alt. Innerhalb einer Generation wird Europa der erste klimaneutrale Kontinent der Erde sein. Milliardeneinnahmen aus Emissionshandel und Klimageld sorgen für eine gerechte Finanzierung und Verteilung von oben nach unten. Die „letzte Generation“ wird nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch gewinnen.

Zusammenhalt der Generationen wird größer

Auch sozial hat die junge Generation mehr zu gewinnen als zu verlieren. Die Zukunft wird divers und fair. Migranten der zweiten und dritten Generation haben eine höhere Chance auf Wohlstand als jene der ersten Generation. Zuwanderung und Integration sind für die Jüngeren heute ebenso selbstverständlich wie Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Unterschied zu früheren Generationen haben die Jüngeren die Chance, aktiver und selbstwirksamer Teil eines grundlegenden gesellschaftlichen Wandels zu sein. Der demografische Wandel, das Älterwerden der Babyboomer, verbindet Jung und Alt auf neue Weise. Der Zusammenhalt der Generationen war noch nie so groß wie heute. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz machen Wohnen in den eigenen vier Wänden länger und einfacher möglich, was den eigenen Geldbeutel schont und den Staatshaushalt entlastet. 

Die heute junge Generation kann die reichste sein, die wir jemals hatten. Ökonomisch, ökologisch und sozial. Was die Jüngeren von den Älteren vor allem unterscheidet, ist ihr Begriff von Wohlstand. Den Jüngeren sind Erlebnisse und Beziehungen wichtiger als Besitz, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit wichtiger als ein höheres Gehalt. Soziale Themen und unternehmerische Verantwortung sind den Jüngeren wichtiger. Unser künftiger Begriff von Reichtum wird heute neu definiert: Aus WohlSTAND wird WohlSEIN.

Dr. Daniel Dettling ist Zukunftsforscher (www.institut-zukunftspolitik.de). Sein aktuelles Buch: „Eine bessere Zukunft ist möglich. Ideen für die Welt von morgen“.