Der Bürgermeister als Klimaschützer
Wenn Berliner Tagesausflügler am Wochenende den Regionalzug in Trebbin verlassen, wartet am Bahnhof schon ein Elektrobus. Der Rufbus ist das jüngste Kind der Stadt, wenn es um Elektromobilität geht. Aber nur eines von vielen: Auf dem Marktplatz steht eine Ladesäule für Elektroautos. Und für ihre Beschäftigten hat die Stadt zwei E-Autos und zwei E-Fahrräder angeschafft.
Die Idee dazu hatte Bürgermeister Thomas Berger. Seit fast 21 Jahren ist er der Rathauschef in Trebbin. 1995 war er als Amtsdirektor aus Nordrhein-Westfalen nach Brandenburg gekommen.
Aus dem Amt Trebbin wurde 1998 eine Stadt, aus den umliegenden Dörfern Ortsteile und aus Berger der erste hauptamtliche Bürgermeister in der Geschichte Trebbins. „Ich bin quasi reingerutscht in das Amt des Bürgermeisters“, sagt Berger.
Darum wurde der Bürgermeister zum aktiven Klimaschützer
Wieso er sich für Klimaschutz engagiert? Dafür seien die Erkenntnisse der Wissenschaft, dafür seien aber auch eigene Beobachtungen ausschlaggebend gewesen. Wenn er das Wetter von heute mit dem seiner Kindheit vergleiche, merke er, wie sich das Klima gewandelt hat. „Zum Beispiel habe ich als Kind bei Sommergewitter im Regen getanzt – das dürfen Sie sich heute nicht mehr erlauben, weil es mordsgefährlich ist.“ Heute sei ein Gewitter immer mit Stürmen und herunterfallenden Ästen verbunden. „Daran erkenne ich für mich: Es hat sich etwas verändert“, sagt Berger. Seit sieben Jahren kämpfe er deswegen „relativ militant“ für den Klimaschutz.
Früher dachten alle, er sei ein Spinner
Vor vier Jahren hat die Stadt ein Klimaschutzkonzept erstellen lassen. „Uns wurde klar, dass 60 Prozent der CO2-Emissionen in der Stadt Trebbin auf den Verkehr zurückgehen“, sagt Berger. Durch die Sanierung und den klimaschonenden Umbau sämtlicher kommunaler Gebäude ließen sich dagegen nur 1,5 Prozent des Kohlendioxidausstoßes einsparen. Auch wenn das auf dem Bankkonto der Kommune teilweise sofort nachvollziehbar war.
„Wir haben unsere Schulen und Kitas in den letzten Jahren komplett auf LEDs umgerüstet, und sparen dadurch über 50 Prozent der Energiekosten“, sagt Berger. „Das sind über 60.000 Euro im Jahr.“ Im Herbst habe er deswegen eine Aktion zum Glühlampentausch geplant: Die Kommune will LEDs an die Bürger verteilen, zwei Stück soll es pro Haushalt geben. „Am Anfang war ich der Spinner“, sagt Berger. Viele Templiner hätten gesagt: „Ach der, mit seinen Elektroautos, der baut da jetzt eine Ladesäule hin, die nutzt doch eh keiner.“ Heute seien in Trebbin schon 18 Elektroautos zugelassen. Hochgerechnet auf die Einwohnerzahl muss sich die Stadt damit auch hinter Großstädten wie Berlin nicht verstecken.
Hier geht nichts ohne die Bürger
Wichtig ist es dem Klimaschützer und Bürgermeister, die Menschen seiner Stadt bei Entscheidungen mitzunehmen. „Wir machen hier viel mit Einwohnerversammlungen“, sagt Berger. Zum Beispiel war der Bau eines neuen Supermarktes Thema auf einer Versammlung. Da war es ein Bürger, der anmerkte, dass es am geplanten Bauplatz gar keinen Gehsteig gebe. „Jetzt haben wir zusammen mit dem Unternehmen eine Lösung gefunden, die Straße entsprechend auszubauen.“ Wie das Verhältnis zu den eingemeindeten Dörfern ist? „Wir haben damals bei der Eingemeindung festgelegt, dass die Identität der Dörfer zu bewahren ist“, sagt Berger. Das mache sich schon an den Ortseingangsschildern fest. „Da gibt es ja zwei Möglichkeiten: Entweder es steht Stadt Trebbin, Ortsteil Stangenhagen darauf – oder Stangenhagen, Stadt Trebbin.“ Die Stadt entschied sich für den zweiten Weg. In allen Dörfern gebe es Ortsbeiräte. Und seit 1998 gab es nur wenige Fälle, in denen die Stadtverordnetenversammlungen gegen die Voten der Ortsteile entschieden habe.
Auch als Klimaschützer: Frust und Enttäuschung verstehen
Doch wie überall in Ostdeutschland punktete auch in der märkischen Kleinstadt die AfD bei Kommunal- und Europawahlen. „In dem Ausmaß kam das überraschend“, sagt Berger. „Ich habe immer gedacht, das wäre ein Ding, das vorübergeht – so wie die Republikaner, die DVU oder die NPD.“ Drei bis vier Prozent Rechtsextreme gebe es in jeder Gesellschaft. „Aber dass das jetzt auf 20 Prozent, also ein Fünftel der Bevölkerung, angewachsen ist, das hat mich schockiert.“
In Trebbin liege die AfD unter dem Kreis- als auch unter dem Landesdurchschnitt, bei 13 Prozent. „Mich persönlich berührt das sehr, denn ich habe mich 20 Jahre für die Menschen engagiert“, sagt Berger. „Ich habe keine Lust, mir durch solche Demagogen all das kaputtmachen zu lassen, was wir hier gemeinsam mit den Stadtverordneten erreicht haben.“ Auch in Trebbin bestünden die AfD-Wähler zum einen aus einem radikalen Kern. Zum anderen sei es aber auch Frust und Enttäuschung. „Da ist die Politik teilweise selber Schuld“, sagt der Bürgermeister. „Wenn die Menschen nicht mehr mitgenommen oder nicht mehr verstanden werden, dann wehren sie sich.“ Dazu komme, dass man in Deutschland oft keine klare Linie mehr in der Politik habe. „Und das ist genau das, wo diese Radikalen ansetzen: Die geben den Menschen das Gefühl, da ist jemand und will es anpacken – auch wenn dahinter dann oft nur heiße Luft steht.“