Das Landleben ist beliebt wie nie - davon profitieren 284 der 294 Landkreise, zeigt eine neue Studie!
Das Landleben ist beliebt wie nie - vom Wanderungssaldo profitieren 284 der 294 Landkreise, zeigt eine neue Studie!
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Neue Statistik

Landleben: So viele Menschen flüchten aus der Stadt

Das Märchen davon, dass die Menschen immer häufiger in die Städte ziehen ist schon lange widerlegt. Doch wie deutlich der Trend ist, zeigt sich erst seit Corona. Dabei hält die Stadtflucht schon deutlich länger an, zeigt eine neue Studie. Besonders spannend darin: Welche Altersgruppen die Stadt verlassen und wie sich das auf die Immobilienpreise in Deutschlands Landkreisen auswirkt.

Das Landleben boomt. Es sind vor allem die 30- 50-jährigen, die seit Jahren schon in Scharen aus den Städten in die Landkreise ziehen. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Allensbach. Besonders deutlich zeigt sich das am sogenannten Wanderungssaldo. Das ist die Zahl die rauskommt, wenn man Zuzüge in eine Stadt oder einen Landkreis nimmt und die Wegzüge abzieht. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die wanderungsaktivste Gruppe sind die 18- bis 24- jährigen. Zum Studium oder zur Ausbildung zieht es sie zunächst häufig in die Städte. Doch in dem Augenblick, wo sie berufstätig werden und Familien gründen, ziehen viele wieder raus aus der Stadt. Mit steigendem Alter sinkt die Bereitschaft zum Umzug. Das Ergebnis: Wer einmal aufs Land gezogen ist, bleibt dort auch mit hoher Wahrscheinlichkeit. Und das Landleben boomt vor allem bei der Generation der 30- bis 50- jährigen. 

Landleben ist beliebt wie lange nicht 

Besonders die Großstädte haben mit einem massiven negativen Wanderungssaldo zu kämpfen. Minus 6,5 Einwohner je 1000 Einwohner beträgt der Wanderungssaldo in Deutschlands Großstädten. In Deutschlands Landkreisen hingegen ist der Wanderungssaldo mit Plus 10 je 1000 Einwohner unterm Strich positiv. Diese Zahlen für die 30- bis 50 jährigen hat das IW wohlgemerkt für die Zeit vor der Corona-Krise, ermittelt. Es ist der Wanderungssaldo der Jahre 2017 bis 2019. Erste Trends zum Jahr 2020 zeigten aber, dass sich dieser Trend weiter beschleunigt habe, so das Allensbach-Institut. Konkret lässt sich das an der Zufriedenheit von Hauseigentümern und Mietern feststellen. 62 Prozent der Eigenheimbewohner sind mit ihrer Wohnsituation "sehr zufrieden", das sind dreimal so viele wie bei Mietern. Jeder fünfte Mieter hat demnach im vergangenen Jahr konkret über einen Umzug in eine ländlichere Region nachgedacht. Hauptgründe laut Allensbach: Der Wunsch nach mehr Platz, einem Garten und - man horche auf - nach schnellerem Internet. Ein wichtiger Hinweis für ländliche Regionen, dass vor allem das Thema "schnelles Internet" ein enorm wichtiger Faktor ist, damit Menschen umziehen. 

In Zahlen: So groß ist die Flucht aus den Metropolen 

An den Menschen zwischen 30 und 50 Jahren lässt sich auch besonders gut zeigen, welche Städte vom Wegzug besonders betroffen sind und welche Regionen in besonderem Maße profitieren. In Stuttgart etwa beträgt der Wanderungssaldo - also das Verhältnis Zuzug zu Wegzug - minus 15 je 1000 Einwohner, ähnlich die Situation in Köln mit minus 14, München liegt mit minus 9 im Mittelfeld, ähnlich wie Hamburg mit Minus 7,5. Einzig Berlin hat durch Zuzüge aus dem Ausland ein nicht ganz so starkes negatives Saldo. Minus 1,4 Einwohner je 1000 ist hier der ermittelte Wert. 

Was in den Metropolen gilt, gilt aber auch für "mittelgroße Städte". Auch Dresden (minus 9), Chemnitz (minus 6) und die immer beliebter werdende Stadt Leipzig (minus 5) haben mit einem Abwanderung jüngerer Menschen zu kämpfen. Wohlgemerkt: Alle Angaben aus der Zeit vor der Corona-Krise. 

Insgesamt haben 284 der 294 Landkreise ein positives Wanderungssaldo. Besonders hoch ist dies im Umkreis der jeweiligen Großstädte, sprich: Die Leute sind bereit zu pendeln. Neuere Umfragen zeigen zudem, dass der Trend zum mobilen Arbeiten die Bereitschaft, Arbeitsort und Wohnort zu entkoppeln, noch einmal deutlich gestiegen ist. Bei den unter 30 jährigen sieht das noch etwas anders aus. Hier haben "nur" 70 der 294 Landkreise ein positives Wanderungssaldo. Anders als in allen anderen Zielgruppen profitieren hier die Hochschulstandorte stark. Der Trend: Zum Studium in die Stadt und danach aufs Land. 

Lust auf Landleben hat Auswirkungen auf die Immobilienpreise 

Der Fakt, dass sich immer mehr Mieter nach neuen Wohnungen auf dem Land umschaut hat auch massive Auswirkungen auf die Preise. Während in Deutschland im vergangenen Jahr die Mietpreise im Schnitt um 1,6 Prozent gestiegen sind, erhöhten sich die Kaufpreise um 7,4 Prozent. Doch ist das nur die halbe Wahrheit, denn das Preisniveau ist nach wie vor extrem unterschiedlich. Die Studie des IW ergab, dass die Durchschnittsimobilie, die der Deutsche aktuell kauft, 132 Quadratmeter hat. Die Kosten dafür liegen im Schnitt bei 354.000 Euro. Für diesen Preis gibt es aber im Landkreis München real nur 43 Quadratmeter Wohnung. Im Kyffhäuserkreis im Norden von Thüringen hingegen könnte sich eine Familie für den Preise satte 410 Quadratmeter leisten, also mehr als 9 mal so viel. 

Das Fazit: In fast allen Landkreisen ist der Wanderungssaldo positiv. Nur 10 Landkreise in Deutschland profitieren bisher in der Zielgruppe der 30 bis 50 jährigen nicht. Das sind meist Landkreise ohne Großstadt im Umkreis. Doch auch auf diese Kreise könnte ein Wachstum zukommen. Denn neue Studie aus diesem Jahr zeigen unter Einbeziehung der Corona-Krise, dass jeder vierte Mieter in den nächsten Jahren einen Immobilienkauf plant. Und der Kauf findet eben eher selten in der Großstadt statt. So liegt der Anteil der Mieter in Berlin bei über 80 Prozent. Von den 2 Millionen Wohnungen sind 1,6 Millionen Mietwohnungen. Auch in der vergleichsweise "reichen" Stadt Hamburg liegt die Mietquote bei 77 Prozent. Deutschlandweit hingegen leben 51 Prozent der Deutschen im Eigenheim, was (nach der Schweiz) die mit Abstand niedrigste Wohneigentums-Quote in Europa ist. Zum Vergleich: Rumänien hat eine Eigentumsquote von 96 Prozent, Kroatien und Litauen liegen über 90 Prozent und Schweden, Frankreich, Belgien und Italien und Spanien kommen auf Eigentumsquoten zwischen 65 und 80 Prozent.