Corona-Virus
Maskenpflicht: Die Entscheidung liegt jetzt bei den Kommunen
Maskenpflicht: Die Kommune hat mehr zu sagen als die Bundesregierung
Diesen Satz "dürfen" wir zugegeben nur selten schreiben. Denn üblicherweise muss Bundesrecht natürlich vor Ort umgesetzt werden. Im Fall der Maskenpflicht ist der Bund aber gar nicht zuständig. Daher hat Kanzlerin Merkel in ihren Statements sehr bewusst von einer "dringenden Empfehlung" gesprochen. Der Jurist würde das wohl übersetzen mit: "eine unverbindliche Bitte". Mehr ist es in der Tat nicht, Empfehlung bleibt Empfehlung, ob "dringend" oder nicht. Ähnlich sieht es in diesen Tagen bei den Lockerungen der Corona-Beschränkungen ja auch in anderen Bereichen aus. Grundsätzlich dürfen zahlreiche - vor allem kleinere - Geschäfte ab dem 20. April wieder öffnen, in vielen Bundesländern wird das aber erst zum 27. April umgesetzt. Denn die Bundesländer sind an den Bund-Länder Beschluss zwar politisch gebunden, was sie daraus im Rahmen der Gesetzgebung machen, ist ihnen aber überlassen.
In Sachen Maskenpflicht heißt das: Die Länder können im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes Verschärfungen beschließen. Die Kommunen vor Ort entscheiden dann mit ihren Gesundheitsämtern aber, was die dafür richtigen Maßnahmen zur Umsetzung sind. Der Oberbürgermeister von Jena, Thomas Nitzsche etwa hatte in seiner Stadt bereits zum 6. April eine kommunale Maskenpflicht angeordnet. Sie gilt in der Stadt für Einkäufe und im Nahverkehr. Er hat das Infektionsschutzgesetz so ausgelegt, dass dies eine geeignete Schutzmaßnahme bei ihm vor Ort sei. Eine KOMMUNAL-Blitzumfrage direkt nach dem Beschluss vor 2 Wochen hatte allerdings ergeben, dass zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Bürgermeister eine Maskenpflicht grundsätzlich in Erwägung ziehen. Diese Diskussion dürfte nun mit den "dringenden Empfehlungen" des Bundes und der Überprüfung der Infektionsschutzgesetze in den Bundesländern neu an Fahrt gewinnen.
Bei der Maskenpflicht müssen Kommunen rechtlich einiges bedenken
Es war wenig erstaunlich, dass direkt nach Einführung der Maskenpflicht in Jena eine erste Klage eines Bürgers beim zuständigen Verwaltungsgericht in Gera einging. Die Stadt hat diesen Eilprozess zwar gewonnen. Denn das Verwaltungsgericht berief sich auf die Empfehlung des Robert Koch Instituts, wonach ein Mundschutz der Sicherheit dienen kann. Hier geht es vor allem um den Schutz anderer Personen, nicht desjenigen, der den Mundschutz trägt. Daher erklärte das Verwaltungsgericht in der Eilentscheidung, die Pflicht verstoße nicht gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit.
Ein Freifahrtschein für weitere Kommunen ist das aber nicht. Denn gleichzeitig gab das Verwaltungsgericht der Stadt Jena auch mit auf den Weg, die Stadt müsse regelmässig überprüfen, ob die Vorgabe wirklich hilft, die Infektion einzudämmen. Auch hier der Verweis auf das Infektionsschutzgesetz. Das gibt den Kommunen nämlich die Befugnis, alle - so wörtlich - "notwendigen Schutzmaßnahmen" anzuordnen. Spätestens hier wird die Beweisführung längerfristig wohl schwierig. Die Gesundheitsbehörde muss nachweisen, dass die Vorgabe der Grund dafür ist, dass die Infektion vor Ort eingedämmt wurde. Denn die Maskenpflicht wäre ein Eingriff in die Grundrechte. Wer nur mit Maske einkaufen darf, ist in seiner "allgemeinen Handlungsfreiheit" eingeschränkt. Dafür braucht es sehr triftige und vor allem beweisbare Gründe. Nicht umsonst erlaubt auch unser Nachbarland Österreich auch Schals und Tücher als Gesichtsmasken. Hinzu kommt natürlich die teils fehlende Verfügbarkeit entsprechender Masken. Diese sollen vor allem für medizinisches Personal vorgehalten werden.
In der Praxis tun Kommunen daher gut daran, zunächst zu schauen, ob die Schutzmaßnahmen vor Ort nicht im Rahmen des Prinzips der Freiwilligkeit funktionieren. Gerade in Supermärkten hat sich die Zahl derjenigen, die eine Maske tragen, in den vergangenen Tagen spürbar erhöht. Das Prinzip: So viel, wie unbedingt nötig, so wenig wie irgend möglich sollte bei Entscheidungen der Behörden also eine wichtige Rolle spielen, wenn sie nicht riskieren wollen, vor Gericht eine Niederlage zu kassieren. Schlimmer allerdings wäre noch eine fehlende Akzeptanz einer Maßnahme in der Bevölkerung.
