Rotes Herz und Laterne vor Bordell
Bordelle müssen angemeldet werden. Doch wo sind sie erlaubt?
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Gericht

Stadt muss Bordelle an mehr Stellen erlauben

In der Stadt Braunschweig wird Prostitution in Bordellen nur in bestimmten Gebieten, in sogenannten Toleranzzonen, zugelassen. Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht kippte die Sperrbezirksverordnung. Was die Richter beanstandeten!

Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig und gilt als normales Gewerbe. Das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 soll die rechtliche Situation von Prostituierten stärken und sieht Regeln für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes vor. Alle Prostituierten sind seither verpflichtet, ihre Tätigkeit anzumelden. Sie müssen ein allgemeines Informations- und Beratungsgespräch sowie regelmäßige gesundheitliche Beratungen wahrnehmen. Für das Prostitutionsgewerbe wurde eine Erlaubnispflicht eingeführt. Doch wo soll Prostitution in Kommunen erlaubt sein? Und wo können Kommunen das Gewerbe verbieten?

 Prostitution – wo ist sie erlaubt?

In den meisten Städten gibt es eine Sperrbezirksverordnung, bis auf Berlin und Rostock. In Braunschweig ist die Bordellprostitution im historischen Rotlichtviertel erlaubt. Zudem hatte die Kommune in der Sperrbezirksverordnung fünf - flächenmäßig allerdings nur einen kleinen Teil des Stadtgebiets betreffende - Toleranzzonen festgelegt, in denen die Bordellprostitution weiterhin zulässig sein sollte. Die Polizeidirektion Braunschweig hatte diese Toleranzzonen ermittelt. Dafür teilte die Stadt Braunschweig der Polizei die Industrie- und Gewerbegebiete mit. Anhand einer  „Checkliste“ wurde überprüft, ob diese Gebiete im Hinblick auf den Jugendschutz sowie des öffentlichen Anstands schutzbedürftig seien. Die Checkliste enthielt Merkmale wie „angrenzendes Wohngebiet“, „Schule inklusive 500 m Umkreis“ oder „soziale Einrichtungen“.  Industrie- und Gewerbegebiete, in denen nach Einschätzung der Polizeidirektion ein oder mehrere Merkmale der „Checkliste“ erfüllt waren, wurden als potenzielle Toleranzzone verworfen.

Prostitution Gericht kippt Sperrbezirksverordnung

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Regelungen in Braunschweig zur Prostitution beanstandet. Der Hauptpunkt der Kritik: Die Sperrbezirksverordnung enthielt ein grundsätzliches Verbot der Bordellprostitution für das gesamte Stadtgebiet. In einer Stadt wie Braunschweig mit mehr als 50.000 Einwohnern sei ein Verbot der Prostitution aber nur für Teile des Stadtgebiets zulässig, so die Richter.

Der Normgeber dürfe die Prostitution nur in solchen Gebieten verbieten, die unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität gekennzeichnet seien, betonten die Richter. Dazu zähle zum Beispiel ein Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen. Insofern sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Polizeidirektion bei Kerngebieten eine Schutzbedürftigkeit pauschal unterstellt habe. Ähnliches gelte für Mischgebiete. Die Richter verwiesen dabei auf eine Entscheidung des  1. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. Sie hatten jüngst bestimmte Bordelle bei Einzelfallbetrachtung auch in Mischgebieten für baurechtlich zulässig gehalten.

Gewerbegebiet als Sperrbezirk unzulässig

Die Polizeidirektion hätte sich auch hinsichtlich der pauschal unter Schutz gestellten Gebiete im sogenannten unbeplanten Innenbereich nicht auf die Einschätzung der Stadt Braunschweig zum Gebietscharakter dieser Gebiete verlassen dürfen. Für die Richter war nicht nachvollziehbar, dass die Polizeidirektion auf einen Zuschnitt der Gewerbegebiete verzichtet habe. Stattdessen wurde das gesamte Gewerbegebiet als potenzielle Toleranzzone verworfen und als Sperrgebiet ausgewiesen, wenn aufgrund der Prüfung anhand der „Checkliste“ schutzwürdige Merkmale festgestellt worden seien.

Zusammengefaßt: Der 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat in zwei Normenkontrollverfahren die Verordnung über das Verbot der Prostitution in Braunschweig der Polizeidirektion Braunschweig vom 15. August 2022 (Sperrbezirksverordnung) insoweit für unwirksam erklärt, als darin die Bordellprostitution verboten wurde (Az.: 11 KN 353/21 und 11 KN 284/21).

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Da der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen hat, kann gegen die Nichtzulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Zur Mitteilung des Gerichts.