
Tipps für Stadtfeste
Sicherheit bei Stadtfesten: Warum Kommunen jetzt umdenken müssen
Ohne neue Sicherheitsmaßnahmen hätte das Stadtfest in Pirna nicht stattfinden können. Die Stadt investierte mehrere tausend Euro in zehn sogenannte „Indutainer“ – faltbare Container, die mit Wasser gefüllt werden und Zufahrtswege blockieren. Zusätzlich kommen bepflanzte Sandsteinkübel und mobile Sperren zum Einsatz. Bürgermeister Tim Lochner spricht von einer Investition in die Zukunftsfähigkeit der Stadt – und hat damit einen Nerv getroffen: Sicherheit ist längst zur zentralen Voraussetzung für Veranstaltungen im öffentlichen Raum geworden.
Sicherheitslage in Deutschland – eine neue Realität
Die Liste der Vorfälle ist lang: Amokfahrten, Lkw-Attacken, Terroranschläge. Besonders verletzlich: Volksfeste, Weihnachtsmärkte, Sport- und Kulturveranstaltungen. Sie bieten große Menschenansammlungen, öffentlich zugängliche Räume – und damit ideale Angriffsziele.
März 2024: Anschlag auf die Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg.
Mai 2024: Angriff auf eine islamkritische Kundgebung in Mannheim mit Messerattacken auf Teilnehmer und einen Polizisten, der später starb.
Dezember 2024: Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt
13. Februar 2025 – Islamistischer Anschlag auf einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi in München
15. Februar 2025 – Messerangriff eines Islamisten in Villach, Österreich auf Passanten
Die Folge: verschärfte Vorgaben, gestiegene Haftungsrisiken, höhere Anforderungen an Veranstalter und Kommunen.
Sicherheit – Pflicht statt Kür
Kommunen haben eine Fürsorgepflicht. Und die endet nicht am Festplatz. Sicherheit ist kein „Nice to have“, sondern Grundlage für die Genehmigung jeder Veranstaltung. Das Problem: ein Flickenteppich an Vorschriften – und ein immenser Aufwand für kleine Städte.
Laut dem Leitfaden des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt müssen Sicherheitskonzepte unter anderem folgende Punkte enthalten:
Risikoanalyse
Evakuierungsplanung
Zufahrtskontrolle
Alarmierungs- und Kommunikationswege
Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten
Doch viele Städte berichten: Diese Anforderungen sprengen die personellen und finanziellen Kapazitäten. Den Leitfaden des Landes stellen wir Ihnen am Ende des Artikels als PDF im Original zum Herunterladen zur Verfügung!
Wenn das Fest am Poller scheitert
Beispiele aus Brandenburg, Sachsen und NRW zeigen: Nicht selten scheitert ein Stadtfest nicht an der Organisation – sondern an den Kosten für Betonbarrieren, Personal oder Technik.
Elsterwerda: Frühlingsfest nur durch Sponsoren möglich. Schutz durch Leih-Betonringe vom örtlichen Werk.
Bernau: Hussitenfest muss 20.000 Euro zusätzlich für Sicherheit aufbringen.
Lage (NRW): Feste wurden mangels Sicherheitspersonal und Barrieren abgesagt.
Wismar: Veranstaltungen gestrichen – Poller zu teuer.
Das Dilemma: Wer spart, riskiert viel. Wer absagt, verliert Image, Frequenz und Einnahmen.
Was hilft? Vier Hebel für sichere Feste
1. Kooperation statt Alleingang
Gemeinsame Sicherheitsgesellschaften – wie im Kreis Barnim in Brandenburg – bieten Container oder Sperren zur Leihe an. Auch Städte wie Freiberg helfen mit Material aus. Netzwerke schaffen Synergien.
2. Fördertöpfe ausschöpfen
Länder wie Bayern und NRW bieten Programme zur Förderung von Sicherheitsmaßnahmen.
3. Private Sponsoren einbinden
Wie in Elsterwerda können regionale Betriebe zum Sicherheitsgarant werden – mit Material, Logistik oder direkter Finanzierung. Stadtmarketing muss solche Partnerschaften aktiv suchen.
4. Feste Flächen statt flüchtiger Lösungen
Langfristig sinnvoll: kommunale Festplätze mit festen Pollern, Barrieren und Fluchtwegen. Sie sparen auf Dauer Geld – und erleichtern Genehmigungen.
Wie Sicherheitskonzepte wirklich gut werden
Leitfaden nutzen – aber flexibel bleiben
Der offizielle Leitfaden aus Sachsen-Anhalt bietet ein solides Grundgerüst. Aber: Er ersetzt nicht die Ortskenntnis. Jede Kommune braucht ein maßgeschneidertes Konzept – angepasst an Topografie, Teilnehmerzahl und Risikolage.
Den Leitfaden aus Sachsen-Anhalt stellen wir Ihnen beispielhaft als PDF am Ende dieses Beitrags zum Herunterladen zur Verfügung .
Experten einbinden
Ob Polizei, Feuerwehr, Sicherheitsfirmen oder Datenschutzbeauftragte: Sicherheitsplanung ist Teamarbeit. Frühzeitige Einbindung der Akteure spart am Ende Zeit und verhindert Genehmigungschaos.
Simulationen durchführen
Trockenübungen helfen, Schwachstellen aufzudecken. Ob Evakuierung, Blackout oder Drohnenalarm – was geprobt wurde, funktioniert im Ernstfall besser.
Technik als Schlüssel
Moderne Technik kann Sicherheitskonzepte günstiger und besser machen:
Drohnenabwehrsysteme: schützen vor Angriffen aus der Luft
Körperscanner & Metalldetektoren: beschleunigen Einlasskontrollen
Wasserbarrieren statt Beton: flexibel, sicher – und oft günstiger
Zutrittssoftware: steuert Personal- und Lieferverkehr digital
Kommunen sollten regelmäßig evaluieren, welche Technologien ihnen nützen – und was überdimensioniert ist
Sicherheit kostet, Unsicherheit mehr
Sicherheit ist teuer. Aber Unsicherheit kostet mehr: Menschenleben, Vertrauen, Identität. Wer Volksfeste aus Angst absagt, kapituliert vor der Bedrohung. Wer hingegen vorausschauend plant, kreativ kooperiert und Sicherheitskonzepte clever aufsetzt, kann auch mit begrenzten Mitteln viel erreichen. Pirna hat es vorgemacht. Jetzt ist es Zeit, dass andere folgen.
Hier finden Sie den Leitfaden für sichere Feste aus Sachsen-Anhalt zum Herunterladen: