
Kleidersammlung und Co: Urteil zum Klagerecht öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger
Text: Janosch Neumann
Bereits in der Vorinstanz hatte das OVG Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 01.06.2016 festgestellt, dass einem örE die Klagebefugnis für eine Verpflichtungsklage gegen die zuständige Abfallbehörde auf Untersagung einer gewerblichen Sammlung fehle.
Dem Verfahren liegt in tatsächlicher Hinsicht zugrunde, dass die Klägerin – eine Anstalt des öffentlichen Rechts – für den Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt die Aufgaben des örE wahrnimmt. In dieser Funktion führt sie eine Getrenntsammlung von Alttextilien und -schuhen in einem Bring- und Holsystem in ihrem Entsorgungsgebiet durch. Nachdem die Beigeladene – ein privates Entsorgungsunternehmen – dem Beklagten die Sammlung von Alttextilien und -schuhen angezeigt hatte, beantragte die Klägerin beim Beklagten, die gewerbliche Sammlung der Beigeladenen zunächst zu befristen. Der Beklagte sah die Funktionsfähigkeit der Klägerin als örE jedoch nicht als gefährdet an und lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 04.09.2013 ab.

Die hiergegen gerichtete Klage auf Verpflichtung des Beklagten, die gewerbliche Sammlung der Beigeladenen zu untersagen, hat das VG Halle mit Urteil vom 24.04.2014 (2 A 2118/13 HAL) mit der Begründung abgewiesen, überwiegende öffentliche Interessen der Klägerin stünden der gewerblichen Sammlung nicht entgegen.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Klägerin hat das OVG Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 01.06.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Seine rechtlichen Erwägungen stützt das Gericht im Wesentlichen darauf, dass die Klage bereits unzulässig sei, da der Klägerin die Klagebefugnis fehle. Denn die Klägerin könne keine Verletzung eigener Rechte geltend machen, da die einschlägigen Vorschriften des Abfallrechts keine drittschützende Wirkung zugunsten eines örE entfalten würden, sondern lediglich dem öffentlichen Interesse der Allgemeinheit an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung dienten.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das OVG die Revision zugelassen, über die das BVerwG nunmehr entschieden hat.
Kleidersammlung und co: Entscheidung des BVerwG
Das BVerwG hat die Rechtsauffassung des OVG bestätigt. Zwar nehme das Kreislaufwirtschaftsgesetz bei der Regelung der Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen auch den Schutz der Funktionsfähigkeit des örE in den Blick. Dadurch werde diesem aber keine wehrfähige Rechtsposition zugebilligt, die er im Klagewege geltend machen könne. Auch in einem gemischten System aus gewerblicher und öffentlicher Abfallsammlung sei der örE Teil der öffentlichen Verwaltung und diene so dem Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden Abfallentsorgung. Eigene Rechte seien ihm insoweit nicht eingeräumt.
Die Auswirkungen des Urteils für die Praxis
Das Urteil des BVerwG war so nicht unbedingt zu erwarten gewesen, sprechen doch gute Gründe gerade auch für die gegenteilige Rechtsauffassung. Abgesehen von der Rechtsklarheit, die nach dem Richterspruch aus Leipzig nunmehr herrscht, bleiben einige Fragen offen bzw. unbefriedigend beantwortet: Stehen örE gegenüber einer Aushöhlung ihrer Sammelmengen nun mangels gerichtlicher Handhabe gegen die Abfallbehörden gänzlich schutzlos da? Ist zumindest eine Beiladung des örE in einem etwaigen Rechtsstreit zwischen gewerblichem Sammler und der Abfallbehörde (weiterhin) möglich? Gilt die jetzt gefällte Entscheidung ausschließlich für örE, die als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind? Zumindest letzteres dürfte voraussichtlich zu verneinen sein. Denn vor dem Hintergrund, dass das BVerwG im Allgemeinen örE als Teil der öffentlichen Verwaltung ansieht, spricht vieles dafür, dass für andere öffentlich-rechtliche Körperschaften (z.B. Abfallzweckverbände) nichts anderes gilt, erst recht nicht für Eigenbetriebe ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Nähere Erkenntnisse werden voraussichtlich zu gewinnen sein, wenn die vollständig abgefassten Urteilsgründe veröffentlich sind.