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  3. Diese Stadt bietet Mitarbeitern Workation an
Am See statt im Büro: So können Mitarbeiter der Stadt Herrenberg dank Workation jetzt arbeiten.
Am See arbeiten statt im Büro: In einer Stadtverwaltung in Baden-Württemberg ist das möglich.
© Adobe Stock

Fachkräftemangel

Diese Stadt bietet Mitarbeitern Workation an

von Dorothea Walchshäusl
Reporterin | KOMMUNAL
3. März 2025
In einer Stadt im Südwesten hat man im Rahmen eines Pilotprojekts getestet, ob sich Workation für die Mitarbeiter bewährt. Die Ergebnisse sind ausgesprochen positiv – sofern man einiges beachtet.

Wellenrauschen statt Großraum-Kulisse, sommerliche Temperaturen statt tristem Grau - dort arbeiten, wo andere Urlaub machen, ist für viele Arbeitnehmer eine attraktive Perspektive. Gleichwohl sind Workation-Angebote bislang nicht sehr verbreitet in Kommunalverwaltungen. Dass das ein Fehler sein könnte, hat man in einer Stadt in Baden-Württemberg festgestellt. Bei einem außergewöhnlichen Projekt wurde dort Workation als besondere Form des mobilen Arbeitens getestet und einheitlich für gut befunden.

Fachkräftemangel deutlich spürbar

Hauptauslöser für die Entwicklung des Workation-Projekts war in Herrenberg die Beobachtung, dass die Stadt als Arbeitgeber zunehmend unter Zugzwang gerät. „Wir merken seit einigen Jahren, dass es deutlich schwieriger wird, Stellen nachzubesetzen“, sagt Anja Sobkowiak, die Leiterin der Personalabteilung. Der Fachkräftemangel sei längst deutlich spürbar und würde sich insbesondere im gehobenen Verwaltungsdienst zeigen. Umso entscheidender sei es, welche Möglichkeiten die Stadt als Arbeitgeber bietet. „Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich extrem gewandelt und mittlerweile können sich die Bewerber ihre Stelle aussuchen“, so Sobkowiak. Entsprechend brauche es Angebote, die eine deutliche Strahlkraft hätten, damit sich die Bewerber letztlich für Herrenberg entscheiden.

Ausgangspunkt: Zukunftsregatta

Um innovative Ideen unter den Mitarbeitern zu sammeln, hat Hauptamtsleiter Tom Michael im Herbst 2023 eine sogenannte „Zukunftsregatta“ ausgerufen – ein interner Wettbewerb, bei dem sich Einzelpersonen und Teams mit Ideen für eine zukunftsfähige und attraktive Stadtverwaltung bewerben konnten. Die Vorgaben: Träumen ist ausdrücklich erwünscht! Allerdings sollten keine zusätzlichen finanziellen Mittel für das Projekt benötigt werden und eine eigenständige Umsetzung möglich sein. Eines der damals ausgewählten Gewinnerprojekte kam aus der Personalabteilung unter Leitung von Sobkowiak. Die Idee: Die Mitarbeiter testen in einem bestimmten Zeitraum Workation als Form des mobilen Arbeitens.

Workation als Variante des mobilen Arbeitens

Spätestens seit der Corona-Pandemie ist das Arbeiten im Home-Office auch in der Stadt Herrenberg weit verbreitet. Was aber hat es mit Workation auf sich? „Workation haben wir definiert als eine Form des mobilen Arbeitens jenseits der sonstigen festen Arbeitsplätze im Büro oder im Home-Office“, sagt Sobkowiak. Das bedeutet konkret: Die Arbeit kann am Urlaubsort stattfinden, bei Verwandten, die weit entfernt leben, im Ferienhaus oder am Arbeitsort des Partners, mit dem ansonsten eine Wochenendbeziehung geführt wird. Die rechtlichen Vorgaben für diese Arbeitsform waren in Herrenberg bereits seit Längerem durch eine eigene Dienstverordnung zum mobilen Arbeiten geregelt, bis zum Projekt wurde diese allerdings fast nur fürs Homeoffice genutzt.

Workation Workshop
Workshop zum Workation-Projekt in Herrenberg

So lief die Pilotphase

Nachdem das Workation-Projekt bei der Zukunftsregatta ausgewählt worden war, gab es zum Startschuss einen Workshop mit den Mitarbeitern der Personalabteilung, bei dem die genauen Rahmenbedingungen geklärt wurden. Außerdem beteiligt war Patrick Richardon, ein Student der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, der das Projekt in seiner Masterthesis wissenschaftlich begleitet hat. „Die Idee war, dass jeder, der daran Interesse hat, im Zeitraum von Mai bis September Workation ausprobieren kann“, erzählt Sobkowiak. Dabei sei auch eine Kombination mit Überstunden-Abbau möglich gewesen, die Workation-Zeit selbst sollte 15 Arbeitstage nicht überschreiten.

Arbeit am Campingplatz und bei Verwandten

Letztlich fünf Mitarbeiter der Personalabteilung in Herrenberg haben das mobile Arbeiten in Form von Workation ausprobiert. Ortswahl und Umfang waren dabei ganz unterschiedlich: „Ich selbst habe zum Beispiel am Campingplatz gearbeitet, Kollegen von mir waren bei Verwandten und andere haben am Arbeitsort ihres Partners gearbeitet“, erzählt Sobkowiak. Die Erfahrungswerte, die sich bei der Auswertung des Projektes gezeigt haben, waren durchwegs positiv. „Bei allen Mitarbeitern, die die Workation genutzt haben, war eine große Dankbarkeit zu spüren, dass der Arbeitgeber ihnen diese flexible Form ermöglicht hat“, sagt Sobkowiak, und umso höher sei auch die Motivation der Arbeitnehmer gewesen, eine gute Arbeitsleistung zurückzugeben. So hätte die ortsunabhängige Arbeit nicht zuletzt zu einer höheren Produktivität der Mitarbeiter geführt.

Workation erfordert gute Vorbereitung und Kommunikation

So sehr sich das Angebot in Herrenberg bewährt hat, so deutlich hat sich auch gezeigt: „Damit Workation gut funktioniert, muss man im Vorfeld sehr klar kommunizieren und genaue Absprachen treffen“, so die Personalleiterin. Unter anderem müsse geklärt sein, wann und auf welchem Weg der Mitarbeiter verlässlich erreichbar ist, damit Anfragen nicht ins Leere laufen. Zudem brauche es eine „gewisse technische Affinität“, wie Sobkowiak sagt, da die Bedienung und das reibungslose Funktionieren der technischen Arbeitsgeräte Voraussetzung sei für eine gelingende Arbeit. Auch rechtliche Aspekte müssten im Vorfeld geklärt werden, etwa dass sich die Mitarbeiter nicht in öffentliche WLAN-Netzwerke einklinken dürften. Darüber hinaus erfordert Workation nach der Erfahrung von Sobkowiak noch eine weitere Kompetenz: die Fähigkeit, Job und Privatleben zu trennen und abzuschalten, wenn die Arbeit vorbei ist. „Workation ist definitiv kein Modell für jeden. Es gab bei uns auch Mitarbeiter, die gesagt haben: wenn ich im Urlaub bin, will ich nicht an die Arbeit denken“, sagt Sobkowiak. In diesem Fall sei eine klare Trennung von Arbeitsplatz und Urlaubsort die bessere Wahl.

Workation lohnt sich

In der Stadt Herrenberg möchte man nach den Erfolgen des Projekts an der Möglichkeit der Workation festhalten und diese noch breiter bekannt machen. Nach einer Präsentation des Projekts beim Bürgermeister wurde mittlerweile auch eine Handreichung für die kommunalen Mitarbeiter erstellt, die auf die Rahmenbedingungen der Workation hinweist. Dabei ist laut Sobkowiak klar, dass das ortsunabhängige Arbeiten nur für bestimmte Arbeitsbereiche in der Kommune geeignet ist. „Das ist ähnlich wie beim Home-Office, das auch nicht für alle Berufsgruppen der Stadtverwaltung geeignet ist, etwa für die Bauhof-Mitarbeiter. Aber wir fänden es schade, Homeoffice und Workation nur deshalb nicht zu ermöglichen, weil es nicht für jeden geht“, so die Personalleiterin. In Herrenberg sei Workation als Modell mittlerweile weithin bekannt und einige Mitarbeiter würden diese Option bereits einplanen, wenn es um die Jahresgestaltung geht. „Workation ist mittlerweile in den Köpfen der Mitarbeiter verankert“, so Sobkowiak. Teilweise würde sogar schon überlegt, bei größeren Projekten als Team auf Workation zu fahren.

Workation ist ein Qualitätsmerkmal für einen attraktiven Arbeitsplatz – das haben uns die Rückmeldungen unserer Mitarbeiter deutlich gezeigt.

Anja Sobkowiak, Leiterin der Personalabteilung der Stadt Herrenberg

Anja Sobkowiak über Workation in Herrenberg

Auch bei Vorstellungsgesprächen würden Bewerber mitunter nach der Möglichkeit zu mobilem Arbeiten fragen. „Workation muss natürlich nicht jeder nutzen, aber für diejenigen, die es möchten, ist es ein großer Vorteil“, sagt Sobkowiak. Das würde jüngere Arbeitnehmer ebenso betreffen wie ältere Mitarbeiter, bei denen beispielsweise der Partner bereits in Rente sei und Workation gemeinsame Reisen ermögliche. In Zukunft soll das ortsunabhängige Arbeiten in Herrenberg auch bei den Stellenausschreibungen erwähnt werden und auf der Website beworben. Kommunen, die ebenfalls über ein solches Angebot nachdenken, rät Sobkowiak: „Es lohnt sich, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, Workation zu testen. Das Beste ist es, dieses Modell nach einer guten Vorbereitung einfach auszuprobieren und nicht zu viele Bedenken zu haben“, so die Personalleiterin.

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