Stausee Rangendingen
Der Stausee Rangendingen - ein Idyll, das viele Besucher anzieht.
© Gemeinde Rangendingen

Badestelle

Gemeinde stellt 21 Schilder um den Badesee auf

Ein "Schild"-Bürger-Streich? Warum stellt eine Gemeinde um ihren kleinen Badesee herum 21 Schilder auf? KOMMUNAL fragte nach - das Ergebnis dürfte auch für andere Kommunen interessant sein.

Der Rangendinger Stausee ist sehr beliebt. Vor allem an den Wochenenden strömen die Besucher massenweise an den idyllischen Platz in der 5.300-Einwohner-Gemeinde im Zollernalbkreis in Baden-Württemberg. Dort werden sie künftig mit mehr als 20 Schildern vor den lauernden Gefahren gewarnt. Was aber soll ein solcher Schilderwald? Das werden sich viele fragen. Was steckt dahinter? Eine besonders bürokratiebegeisterte und strenge Kommune? Oder ist das Baden in diesem See gefährlicher als anderswo?

Badestelle sichern nach Urteil gegen Bürgermeister

Nein! Der Gemeinderat in Rangendingen hat die neue umfangreiche Haus- und Badeordnung für den Stausee jüngst aus ganz anderen Gründen beschlossen - und die Schilder sind auch kein "Schild"-Bürger-Streich. Bürgermeister Manfred Haug ist zwar nicht ganz glücklich über den Schilderwald, doch sah er keine andere Möglichkeit für die Gemeinde. "Wir haben damit auf das Gerichtsurteil reagiert, wonach der Haftungsrahmen für Gemeinden mit einem Badesee oder einer Bademöglichkeit drastisch erhöht und eine dauernde Aufsichtspflicht erforderlich wurde", sagte Rangendingens Ordnungsamtsleiter Oliver Freiberg auf Anfrage von KOMMUNAL.

Schild
Eines der Schilder am Rangendinger See

Nach dem spektakulären Urteil gegen den damaligen Bürgermeister der hessischen Kleinstadt Neukirchen fürchten Kommunalpolitiker in ganz Deutschland, sie könnten wie Klemens Olbrich damals bei einem Unglück ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden. Drei Geschwisterkinder waren in einem nicht eingezäunten Teich ertrunken. Die Richterin sagte in dem Prozess: "Ein Bürgermeister trägt Verantwortung für die Sicherheit seiner Bürger".

Kommunalpolitiker fühlen sich alleingelassen

Zuvor hatte der Bundesgerichtshof ebenfalls die Kommunen in die Verantwortung genommen. Vor allem ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister machen sich seither wegen des kaum kalkulierbaren Haftungsrisikos und einer möglichen strafrechtlichen Verurteilung Sorgen - und fühlen sich damit alleingelassen. Denn an vielen Badestellen in Deutschland ist eine ständige Aufsicht kaum umsetzbar.

Schleswig-Holstein: Verordnung zu Badestellen

Seit kurzem sorgt immerhin das Land Schleswig Holstein mit einer "Landesverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im Badewesen" für etwas mehr Klarheit. Die Verordnung gilt seit 11. Juni. Gleichzeitig dämpfte die zuständige Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack aber die Erwartungen: "Völlige Rechtssicherheit kann und wird es nicht geben." Dazu seien die Badestellen in unserem Land und die jeweiligen Gefahrenquellen zu vielseitig, sagte die Politikerin.

Rangendingens Ordnungsamtschef: Auf Richter angewiesen

"Wir mussten uns entscheiden: Lassen wir das Baden im See weiterhin zu oder sperren wir", betonte der Rangendinger Ordnungsamtschef. Es sei der Gemeinde klar, dass die Schilder allein keine Rechtssicherheit herstellen, doch weise die Kommune damit unübersehbar auf mögliche Gefahren hin. "Sollte es zu einem Unglück kommen, sind wir Kommunen ohnehin auf den Richter angewiesen", meint Freiberg.

Badestelle statt Naturbad

Auf Empfehlung eines Gutachtens der "Deutschen Gesellschaft für das Badewesen" hat die Gemeinde bereits im vorigen Jahr den Stausee als Badestelle deklariert, die Bezeichnung Naturbad hätte eine ständige Aufsicht erfordert. "Die entscheidende Frage war und ist: Wann bleibt ein See eine Badestelle, wann wird mehr daraus", sagt der Ordnungsamtschef.  Die Kommune habe auf Anraten auch das Badefloß und die Holzinsel im See entfernt. Die weißen Schilder mit schwarzer Schrift und Piktogramm, die den Besuchern erläutern, was erlaubt und was verboten ist, waren der nächste Schritt.  Rings um den See verteilt hat die Gemeinde neunmal allein das Schild Baden auf eigene Gefahr aufgestellt.

Schild Stausee

Auf einem der anderen Schilder ist zu lesen: Ins Wasser springen verboten, eins warnt vor steil abfallendem Grund.

Gutachter der Gesellschaft für Badewesen

Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen GmbH empfahl für den Rangendinger Stausee dringend den Erlass einer Haus- und Badeordnung. "Sie richtet sich nach dem Muster der Gesellschaft und berücksichtigt zugleich die örtlichen Gegebenheiten, wie etwa die erlaubte Aufenthaltsdauer oder eine freiwillige, ehrenamtlichen Wasseraufsicht an Wochenenden und an Feiertagen und bei guter Witterung", so Freiberg. Während der Aufsicht wird eine Flagge mit dem DLRG-Emblem gehisst.

Einige der wichtigsten Regeln in der Badeordnung:

  • Die Benutzung der Badestelle geschieht auf eigene Gefahr. Es besteht keine Wasseraufsicht.
  • An Wochenenden und an Feiertagen und bei guter Witterung führt die DLRG Rangendingen e.V. eine freiwillige, ehrenamtliche Wasseraufsicht aus. Während der Aufsichtstätigkeit der DLRG ist eine Flagge mit dem DLRG-Emblem gehisst. Die DLRG übt gegenüber allen Besuchern das Hausrecht aus. Den Anweisungen des DLRG-Personals ist Folge zu leisten. Die Anwesenheit der DLRG ersetzt nicht die Aufsichtspflicht im Sinne der vorstehenden Ziffer 2 Satz1.
  • Der Betreiber oder dessen Erfüllungsgehilfen haften für Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.

Hier finden Sie die Haus- und Badeordnung als pdf: