Das Baulandmobilsierungsgesetz geht in die richtige Richtung - schafft aber auch neue Probleme für Kommunen - eine Analyse von Christian Erhardt
Das Baulandmobilsierungsgesetz geht in die richtige Richtung - schafft aber auch neue Probleme für Kommunen - eine Analyse von Christian Erhardt
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Explosion der Baupreise

Analyse: Was das Baulandmobilisierungsgesetz Kommunen wirklich bringt

Es ist vollbracht - eines der Kernstücke des Koalitionsvertrags, der Kommunen massiv betrifft - ist endlich durch den Bundestag. Doch einige Teile im veränderten Baugesetzbuch werden dazu führen, dass Immobilien im Kauf noch teurer werden dürften. Das ist neben einigen Verbesserungen leider ein Gesetz zulasten der Kleinvermieter und der Selbstnutzer, analysiert daher KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt.

Zwei Mal Licht und Zwei Mal Schatten, so könnte man den jetzt beschlossenen Kompromiss beim Baulandmobilisierungsgesetz aus kommunaler Sicht zusammenfassen. Beginnen wir beim Licht: Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz bekommen Kommunen mehr Möglichkeiten, Wohnraum zu schaffen. Da wäre vor allem die Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte zu nennen. Steht ein Grundstück zum Verkauf an, kann die Gemeinde es künftig direkt zum Verkehrswert ankaufen, noch bevor es überhaupt auf den Markt kommt. 

Ebenso neues Licht verspricht die bessere Möglichkeit zur Befreiung von Bebauungsplänen. Sie stehen dem zügigen Wohnungsneubau oft entgegen. Künftig können die "Wohnbedürfnisse der Bevölkerung" eine Befreiung rechtfertigen. Das hat den riesigen Vorteil,  dass oft aufwändige und mehrere Jahre dauernde Änderungen beim Bebauungsplan vermieden werden. 

Sehr positiv im Baulandmobilisierungsgesetz: Die vereinfachten Verfahren 

Damit im Zusammenhang steht auch die Beibehaltung des Paragraphen 13b im Baugesetzbuch, die vielleicht beste Nachricht überhaupt in dem Zusammenhang. Denn eigentlich sollte der Paragraph abgeschafft werden. Nun ist er doch weiter Teil des Gesetzes. Der sogenannte "Grüne-Wiesen-Paragraf" bietet die Möglichkeit, kleinere Außenflächen, die an schon vorhandene Bebauung anschließen, in einem beschleunigten Verfahren für eine Wohnbebauung einzubeziehen. Umständliche bürokratische Hürden, etwa die sonst extrem langwierigen Bürgerbeteiligungen und Teile der bürokratischen Umweltprüfungen entfallen. Eine unheimlich wichtige Nachricht vor allem für kleinere Kommunen. Vor allem Gemeinden in Bayern nutzen diese Möglichkeiten Seit Jahren erfolgreich. Der Run auf das Landleben konnte nur auf diese Weise auch schnell in reale Wohnungen auf dem Land umgesetzt werden. Denn nur so können Baugebiete schnell ausgewiesen werden, Menschen auch kurzfristig ihren Wunsch nach dem Eigenheim verwirklichen. Eine ausführliche Analyse zum "Grünen-Wiesen-Paragraphen" haben wir Ihnen in dieser Woche bereits im Artikel: "Neue Hoffnung für den Traum vom Eigenheim" geliefert.

Baulandmobilisierungsgesetz: Wo Licht ist, ist auch Schatten 

Doch nicht alle Änderungen im Baulandmobiliserungsgesetz führen zwangsläufig dazu, dass Bauen auch einfacher wird. Vor allem nicht, dass Bauen bezahlbarer wird. Da wäre etwa das Umwandlungsverbot von Miet-in Eigentumswohnungen. Kein anderes Land in Europa hat so geringe Eigentumsquoten wie Deutschlands. Das ist erstaunlich, zumal Eigentum immer als eine Säule der Rentenversorgung diskutiert wird. Da Deutschland im Vergleich mit den Nachbarn bei der Rente - gemessen am letzten Einkommen - deutlich unter dem Schnitt Europas liegt - in doppelter Weise eine Gefahr für relative Altersarmut. 

Mit der neuen Gesetzgebung zum Umwandlungsverbot soll es nun in angespannten Wohnungsmärkten schwerer werden, Eigentumswohnungen entstehen zu lassen. Das wird das Wohnungsproblem jedoch nicht lösen. Mit dem Instrument wird zunächst keine einzige neue Wohnung entstehen. Was aber passieren wird ist folgendes: Es wird schwerer, eine Wohnimmobilie zu kaufen. Umgewandelte Wohnungen werden jetzt knapp. Sie werden noch mal im Preis steigen. Für Kapitalanleger wird es ebenfalls schwieriger - denn es wird ein Run auf die bestehenden Wohnungen einsetzen. Für die vielen kleinen Anleger und Eigenheim-Erwerber wird die Situation also schwerer, die Eigenheimquote dürfte darunter leiden. Die einzigen, die sich freuen können sind - wieder einmal -  die großen Investoren und Wohnungsunternehmen. Sie müssen sich mit weniger Konkurrenz herumstreiten. Der Markt wird kleiner und zentralisiert sich weiter.

Der Ländervorbehalt entmachtet die Kommunen - unnötigerweise 

Neue Steine legt der Gesetzgeber den Kommunen auch beim sogenannten Ländervorbehalt in den Weg. Sowohl beim Vorkaufsrecht als auch bei den Befreiungsmöglichkeiten gibt es diesen Ländervorbehalt. Das heißt konkret: Wenn im ostwestfälischen Bünde die Kommune ein zum Verkauf stehendes Grundstück kaufen will, muss die Stadt erst bei der Landesregierung im 220 Kilometer entfernten Düsseldorf um Erlaubnis fragen. Die Städte und Gemeinden mal wieder am Gängelband der Länder. Hier bleibt zu hoffen, dass die Länder von ihrer Regelungskompetenz in ihren jeweiligen Verordnungen sinnvoll Gebrauch machen. 



Ausführlich gehe ich auf diese und andere Unsinnigkeiten übrigens auch in meinem neuen Leitartikel im Monat Mai ein, den Sie in der nächsten Printausgabe der KOMMUNAL im Original nachlesen können unter der Überschrift: "Einfamilienhaus verbieten? Niemand hat die Absicht..." hier zeige ich Ihnen auch auf, dass man Klima- und Umweltschutzpolitik nicht nur für viel Gutes nutzen kann, sondern auch mit viel Ideologie die Kosten für das Landleben künstlich in die Höhe treiben kann, damit sie sich dem "kollektiv gewünschten Wohnen" unterordnen. Denn schon immer galten ja in bestimmten Kreisen die "spießigen Bausparer auf dem Land" als die "Ewiggestrigen" mit veralteten Lebensentwürfen...

Und doch ist es ein Schritt in die richtige Richtung...

Jetzt wird es mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes darauf ankommen, ob die Devise "bauen, bauen, bauen" auch wirklich angeschoben wird. Rechnerisch brauchen wir in den nächsten drei Jahren rund 320.000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr. Davon sind wir bisher weit entfernt. Der Große Wurf ist das Paket sicher nicht, aber jede Maßnahme, die dazu führt, dass überlange Planungs- und Genehmigungsverfahren wegfallen, hilft. Allzu hohe Anforderungen an Energieeffizienz und Mietpreisbremsen führen zudem nachweislich zu höheren Preisen und somit zu einem geringen Angebot - mindestens an Angeboten für die mittlere Einkommensschicht. 

Eine Lösung liegt schlussendlich darin, endlich den ländlichen Raum attraktiver zu machen. Seie es durch die Entkopplung von Arbeitsplatz und Wohnort oder bessere Angebote im öffentlichen Nahverkehr und die Instandsetzung maroder Straßen. Denn dem wachsenden Wohnungsmarkt in Metropolen stehen Leerstände in strukturschwachen Regionen entgegen. Wir lösen daher das Thema "Bezahlbarer Wohnraum" nicht allein durch die Großstädte - diese Fixierung zieht sich leider weiter zu sehr durch die politische Landschaft. 1,8 Millionen Wohnungen stehen im ländlichen Raum leer - Sanierung, Abriss und Neubau, Werben für diese "günstigeren Wohnungen", Investitionen in den ländlichen Raum - dieser Mix macht es aus und schafft bezahlbaren Wohnraum der Zukunft!