Die Siedlung Breitefeld in Detmold
Die neue Genossenschaft Breitefeld soll diese Häuser sanieren und umbauen.
© Stadt Detmold

Detmolder Modell

So schafft eine Stadt bezahlbare Wohnungen

Die Stadt Detmold will die Mietenentwicklung nicht dem freien Wohnungsmarkt überlassen. Sie hat ein Genossenschaftsmodell entwickelt, mit dem sie bezahlbares Wohnen ermöglicht. Auf dem Weg dorthin räumt sie Probleme aus dem Weg, mit denen Kommunen bei dringend benötigtem Neubau oder bei der Sanierung zu kämpfen haben. In der Britensiedlung sind über das "Detmolder Modell" bereits erfolgreich innerhalb kurzer Zeit Wohnungen geschaffen worden, jetzt stellte Bürgermeister Frank Hilker das nächste Wohnungsbauprojekt der Kommune vor.

"Betongold" boomt in Zeiten von Negativzinsen und Inflation, die Immobilienpreise klettern in vielen Städten in schwindelerregende Höhen.  Die nordrhein-westfälische Stadt Detmold will gegensteuern - und hat bereits bewiesen, dass das funktioniert: Wohnraum zu bezahlbaren Preisen schaffen. Sie verwirklichte ein ungewöhnliches Konzept auf dem Wohnungsmarkt. Nun hat sie weitere Pläne.

Wohnungen und Häuser zu bezahlbaren Mietpreisen

Viereinhalb Jahre nach dem Abzug der britischen Streitkräfte Detmold hatte die Kommune im April 2019 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) einen Teil der ehemaligen Britensiedlung erworben. Die Stadt  wollte eigentlich das gesamte Areal kaufen und einige riesige Gebäude darauf abreißen, konnte sich mit der BIMA aber nicht einigen. "Uns war damals klar, wir brauchen eine aktive Quartiersentwicklung", sagt Bürgermeister Frank Hilker. In der von britischen Soldatenfamilien bewohnten Siedlung in Innenstadtnähe sollten die in die Jahre gekommene Wohnungen und Häuser saniert und umgebaut werden. "Ziel war es, dass sie modernem hochwertigen Standard entsprechen und das zu moderaten Mietpreisen, die sich auch Familien mit vielen Kindern leisten konnten. Das ist uns gelungen."

Detmold gründet Genossenschaft für Siedlung

Die Stadt erwarb einen Teil des Geländes - und brachte diese Grundstücke als ihren Anteil in eine Genossenschaft ein. "Wir entschieden uns für das Modell einer Genossenschaft, in der neben der Stadt und unserer Stadtentwicklungsgesellschaft auch ein privates Wohnungsbauunternehmen vertreten ist und das rechtsanwaltlich begleitet wird", berichtet der Bürgermeister.

In der Genossenschaft war also von Anfang an viel Sachverstand versammelt. Das private Wohnungsbauunternehmen übernahm die Planung, die technische Projektsteuerung und Umsetzung des Projekts, der Anwalt  kümmerte sich ums Rechtliche. Die Kombination half der Stadt, die Häuser in nur acht Monaten auf den Markt zu bringen.

Wohnungen und Häuser in kurzer Zeit fertig

Investiert wurden insgesamt rund 3,5 Millionen Euro. Im Dezember 2019 war die Genossenschaft gegründet worden, im Januar 2020 begannen die Sanierungsarbeiten - und im August waren sie abgeschlossen und die Wohnungen alle vermietet. "Wenn wir als Kommune alleine tätig geworden wären, hätten wir das in dieser Zeit nie geschafft", meint Hilker. "Die Stadt hat dafür gar nicht genügend technisches Personal zur Verfügung."

Ein weiterer Vorteil, der den Ablauf enorm beschleunigte: Wegen des Genossenschaftsmodells musste die Kommune kein Vergabeverfahren durchführen. Alle  Bauaufträge, so hebt Hilker hervor, wurden an einheimische Unternehmen vergeben. Die Genossenschaft finanziert sich ausschließlich aus den Mieteinnahmen und ist nicht gewinnorientiert angelegt. 3,5 Millionen Euro flossen in die Sanierung, dafür hat die Genossenschaft Kredite aufgenommen.

Bürgermeister Hilker Detmold

Werkswohnungen sind im Ringen um Fachkräfte wieder gefragt"

Frank Hilker, Bürgermeister von Detmold

Die sanierten und renovierten Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser waren - wie zu erwarten - begehrt:  "Mehr als zehn Interessenten füllten pro Wohnung oder Haus den Bewerbungsbogen aus. Die 44 Wohneinheiten waren schnell alle vermietet", erzählt Hilker. Die Miete liegt bei 6,30 Euro pro Quadratmeter.

Mit dem Detmolder Modell kann die 78.000-Einwohner-Stadt nicht nur Einfluss auf die Miethöhe nehmen, sie kann bei den Wohnungsbauprojekten auch die Zusammensetzung der Mieter steuern. "Wir achten sehr darauf, dass die Mischung stimmt", betont der Bürgermeister, der in Bielefeld früher Büroleiter im Sozialdezernat war und um die Probleme weiß, die in riesigen Wohnblocks und homogenen Vierteln entstehen können. Das eingesetzte Punktesystem bei der Auswahl der künftigen Mieter berücksichtigt wirtschaftliche, familiäre und soziale Kriterien. So  bringt soziales Engagement Plus-Punkte. Gewollt ist auch, dass die Mieter aus Detmold kommen oder zumindest hier arbeiten.

Nun will die Stadt erneut eine Genossenschaft gründen - mit der gleichen Zusammensetzung wie die erste - und auf dem gleichen Weg weitere Wohnungen zur Verfügung stellen. Etwa 100 Wohneinheiten sollen nach deren Sanierung und Umbauten zu günstigen Preisen angeboten werden. Sie grenzen an die Britensiedlung an.

Neue Genossenschaft Breitefeld

Wie viele Wohnungen es exakt werden, ist noch nicht ganz klar. Mieterzielgruppe sind dieses Mal Studenten, Singles oder Paare, geplant sind zudem 30 Werkswohnungen. "Werkswohnungen sind im Ringen um Fachkräfte wieder gefragt", weiß der Bürgermeister. "Das bestätigen uns unsere großen Unternehmen." Dazu gehört auch das Klinikum. Die Werkswohnungen, so ist der Plan, sollen "löffelfertig vermietet werden". Wenn die Mieter abends einziehen, können sie sich morgens an den Tisch setzen und ihr Ei löffeln, erläutert der Bürgermeister.

Die im vorigen Jahr gegründete neue Genossenschaft "Breitefeld"  hat das Ziel, dass bis Ende des Jahres, spätestens Anfang 2022 die ersten Mieter in die Wohnungen einziehen können.

Fotocredits: Bürgermeister Frank Hilker Stadt Detmold