München hat das radikalste Konzept für bezahlbares Wohnen in Deutschland beschlossen - so soll der Wohnungsbau angekurbelt werden!
München hat das radikalste Konzept für bezahlbares Wohnen in Deutschland beschlossen - so soll der Wohnungsbau angekurbelt werden!
© 123rf

Wohnungsmarkt

Wohnungsbau: München beschließt radikales Konzept für bezahlbares Wohnen

Bisher galt der Versuch in Berlin, einen Mietendeckel einzuführen, als das radikalste Modell zum Wohnungsbau in Deutschland. Am Mittwoch nun hat der Stadtrat in München Änderungen seines Programms zur sozialgerechten Wohnungsnutzung beschlossen. Anders als in Berlin ist dieses Modell jedoch rechtssicher. Massive Kritik gibt es trotzdem - wir stellen das Konzept vor.

Der Wohnungsbau in München soll sich deutlich verändern. Das will der Stadtrat steuern. Das Ziel: Mehr Mietwohnungen und weniger Eigentumswohnungen. Vor allem bezahlbarer Wohnraum soll vermehrt geschaffen werden. So das formulierte Ziel der Mehrheit des Stadtrates. Am Abend beschloss der Stadtrat daher einen radikalen Weg für bezahlbaren Wohnraum, den es bisher in Deutschland so nicht gibt. In Kurzform: Über ein Punktesystem sollen Bauherren faktisch verpflichtet werden, 80 Prozent aller Neubauwohnungen als Mietwohnungen anzubieten. Nur 20 Prozent sollen künftig noch Eigentumswohnungen sein. Gleichzeitig soll der Anteil der neugebauten, preisgedämpften Mietwohnungen drastisch steigen. Als preisgedämpft gilt in Berlin ein Mietpreis zwischen 10 und 15 Euro je Quadratmeter. 

So soll der Wohnungsbau per Punktesystem funktionieren

In München gibt es schon seit den 90er Jahren eine Regelung zur sogenannten "Sozialgerechten Bodennutzung". Immer wieder wurde das System in den vergangenen Jahren angepasst mit dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum entstehen zu lassen. Trotzdem kennen die Preise in München seit Jahrzehnten nur eine Richtung - steil nach oben. München gilt als die teuerste Stadt fürs Wohnen in ganz Deutschland. 

Künftig müssen Investoren nun 100 Punkte sammeln, um überhaupt Baurecht zu bekommen. Vereinfacht kann man sagen: Je mehr Sozial- und Mietwohnungen sie bauen wollen, desto mehr Punkte gibt es. 60 Prozent aller neuen Wohnungen sollen auf diese Weise künftig sogenannte "preisgedämpfte Wohnungen" sein, also dem Anspruch für bezahlbaren Wohnraum genügen. Die Grundlage dafür bildet die SoBoN - die sozialgerechte Bodennutzung. Das Gesetz ist eine Art Tauschgeschäft zwischen Investoren und der Stadt. Will ein Investor von der Stadt München Baurecht haben, muss er zahlreiche Gegenleistungen bieten. Dazu gehört etwa, dass er pro Quadratmeter einen bestimmten Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur zahlen muss - im Schnitt sind das aktuell 100 Euro je Quadratmeter. Damit finanziert die Stadt nach eigenen Angaben dann etwa Kitas und Schulen. Mit dem neuen Punktesystem soll die Summe je Quadratmeter auf etwa 175 Euro steigen. 

Kritiker fürchten noch weniger Wohnungsbau

Dass die Regelung bei Investoren nicht gut ankommt, ist zunächst wenig erstaunlich. Doch in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister warnen sie gar davor, dass künftige Mieter abgeschreckt werden. Ihre Begründung: Wenn in den neuen Stadtquartieren praktisch mehr als die Hälfte aller Wohnungen Sozialwohnungen sind, werden diese nicht mehr angenommen. 

Die Opposition im Münchner Stadtrat fürchtet zudem, dass potentielle Investoren München verlassen werden und sich lieber in anderen Städten umschauen. So würden noch weniger Neubauwohnungen entstehen und der Markt weiter angeheizt, fürchten sie. 

Bayerns Bauministerin Schreyer hatte erst vor wenigen Tagen die Prognose gewagt, dass in den Großraum München in den nächsten zehn Jahren etwa 300.000 weitere Menschen zuziehen würden. Da helfe nur "bauen, bauen, bauen", so Schreyer. 

München gehört zu den Städten, in denen besonders viele Menschen zur Miete wohnen, aktuell sind es rund 65 Prozent aller Haushalte, die zur Miete wohnen. Nur jeder Dritte München lebt im Eigenheim.