Eigentumswohnungen bleiben beliebt - aber die Preise explodieren, zeigt der neue Wohnatlas 2022
Eigentumswohnungen bleiben beliebt - aber die Preise explodieren, zeigt der neue Wohnatlas 2022
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Wohnatlas 2022

Wohnatlas: Preise für Eigentumswohnungen explodieren - auch auf dem Land

Die Zahl muss alarmieren: Innerhalb eines Jahres ist der Preis für eine Eigentumswohnung in Deutschland um 14,2 Prozent gestiegen. Besonders hoch ist der Anstieg in beliebten Landkreisen. Aber nicht nur da. 98 Prozent aller Landkreise melden für das vergangene Jahr einen deutlichen Anstieg beim Preis für die Eigentumswohnung. Auffallend: Die Mietpreise steigen deutlich moderater - was enorme Auswirkungen auf die Bautätigkeit haben dürfte.

Der Traum von der Eigentumswohnung ist ungebrochen. Das ist jedoch nur ein Preistreiber. Denn nach den Metropolen werden nun vor allem die Preise für Wohneigentum in Ost- und Mitteldeutschland deutlich teurer. Im Bundesdurchschnitt wurden Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr um 14,2 Prozent teurer. Besonders deutlich ist der Anstieg in Erfurt in Thüringen mit fast 30 Prozent Preissteigerung. Aber auch die 180.000 Einwohner Stadt Potsdam ist mit 28 Prozent massiv betroffen. Was vor allem in Städten in Süd- und Westdeutschland schon lange bekannt ist, greift jetzt auch immer stärker auf beliebte Landkreise über. In Nordfriesland etwa stieg der Preis für Eigentumswohnungen innerhalb eines Jahres um rund 15 Prozent, ähnlich die Situation im Landkreis Miesbach. Auch der Landkreis Ebersberg ist mit 16 Prozent Plus weiter stark betroffen. Es folgen die Landkreise Freising, München und Garmisch-Partenkirchen. Die Zahlen stammen aus dem Wohnatlas 2022, den die Postbank jährlich herausgibt. Besonders stark betroffen sind demnach bisher wenig beachtete Städte in Ostdeutschland. 

Das sind die Gründe für die Explosion der Preise bei Eigentumswohnungen

Anhaltend niedrige Zinsen, ungebremste Nachfrage und ein stagnierendes Angebot bestimmten nach Analyse des Wohnatlas im vergangenen Jahr den Immobilienmarkt. Hinzu kommt die massive Angst vieler Verbraucher vor steigenden Zinsen. Denn in der Tat haben die Banken in den vergangenen Monaten bereits eine spürbare Kehrtwende eingeleitet. Lagen Bauzinsen zum Jahreswechsel teils noch unter einem Prozent, sind seit Ostern kaum noch Baukredite für unter 3 Prozent Zinsen zu bekommen. Experten rechnen mit einem Anstieg auf deutlich über 4 Prozent noch in diesem Jahr. Die Postbank, die den Wohnatlas hat erstellen lassen, nennt weitere Gründe, unter anderem auch die Corona-Krise: "Viele Deutsche flüchten sich in Betongold und schließen dabei zunehmend die Städte in zweiter Reihe mit ein, nachdem Metropolen wie München bereits als überbewertet gelten“, sagt Eva Grunwald, Leiterin Immobiliengeschäft Postbank. „Die Corona-Pandemie hat den Wunsch nach dem eigenen Zuhause nur noch bestärkt und den Radius erweitert.“

Hier stehen Deutschlands teuerste Eigentumswohnungen 

Deutschlands teuerstes Pflaster ist nach wie vor München. Nirgendwo anders müssen Käufer für den Quadratmeter so viel bezahlen wie in der bayerischen Landeshauptstadt. Der Preis für Eigentumswohnungen im Bestand stieg innerhalb eines Jahres um 9,9 Prozent. Nur knapp unter der Marke von 10.000 Euro pro Quadratmeter liegt der Preis nun. Zweitteuerste Großstadt ist Frankfurt am Main, hier wurden im Schnitt 6600 Euro pro Quadratmeter fällig. Es folgt Hamburg mit 6500 Euro deutlich vor Berlin mit 5500 Euro. 

Schaut man auf den prozentualen Anstieg, sind Deutschlands Großstädte aber eher im unteren Teil zu finden. Vor allem ostdeutsche Städte, aber auch bisher weniger beachtete Städte in den "alten Bundesländern" führen das Ranking hier an. Erfurt bleibt mit 3200 Euro je Quadratmeter zwar günstiger, das sind aber satte 30 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Ähnlich das Geschehen in Potsdam, mit 5400 Euro zieht die Stadt direkt neben der Hauptstadt mit Berlin gleich, 28 Prozent mehr als vor einem Jahr muss ein Investor hier auf den Tisch legen. Es folgen Chemnitz, Bielefeld in NRW und Salzgitter in Niedersachsen auf Platz 5. 

Bei den Landkreisen gibt es prozentual hohe Anstiege auch in Bayern. Der Großraum München wird immer umkämpfter. Die höchsten Preissteigerungen hat der Landkreis Miesbach, gefolgt vom Landkreis Ebersberg. Die bisher schon teuren Landkreise wie Starnberg werden hingegen nur vergleichweise moderat teurer (plus 6 Prozent), auch Bad Tölz-Wolfratshausen liegt mit einer Preissteigerung von knapp 8 Prozent unter dem Schnitt. Dort ist eine Eigentumswohnung jetzt praktisch genauso teuer wie in Potsdam oder Berlin mit rund 5500 Euro. Deutlich mehr muss bezahlen, wer in Schleswig-Holstein in den Landkreis Nordfriesland zieht. 8000 Euro kostet hier ein Quadratmeter Eigentumswohnung. Teurer wurden hier vor allem die Insellagen wie St. Peter Ording oder Amrum. 

Den höchsten Anstieg verzeichnete der Berliner Speckgürtel, wo eine steigende Nachfrage auf ein besonders knappes Angebot traf: Während das Plus für Eigentumswohnungen im Bestand in der Hauptstadt bei 8 Prozent lag, erreichte es im Landkreis Oder-Spree 45 Prozent. In Dahme-Spreewald mussten Käufer rund 26 Prozent mehr zahlen, in Märkisch-Oderland 24 Prozent.

Steigen die Preise für Eigentum weiter so extrem, während sich am Mietmarkt die höheren Preise nicht abbilden lassen, so wird es für Kleinvermieter immer unattraktiver, eine Wohnung zu vermieten.

Christian Erhardt zur Auswirkung der Preisexplosion

Eigentumswohnung versus Miete 

Derweil sind die Preise für Mietwohnungen - auch durch politische Regulierung - in den vergangenen Jahren vergleichsweise moderat gestiegen. Für das vergangene Jahr melden die Statistiker einen Anstieg der Mietpreise um durchschnittlich 1,4 Prozent. Der Anteil der monatlichen Bruttokaltmiete am monatlichen Haushaltseinkommen lag für Mieter im vergangenen Jahr sogar niedriger als vor 15 Jahren. 

Das Problem an der Preisentwicklung: Ein Großteil der Vermieter in Deutschland sind keine großen Investoren, sondern 66 Prozent aller Mietwohnungen werden in Deutschland von insgesamt knapp 4 Millionen privaten Kleinvermietern angeboten. 39 Prozent davon sind übrigens Rentner, die unter anderem ihren Lebensunterhalt mit der Miete bestreiten. Steigen die Preise für Eigentum weiter so extrem, während sich am Mietmarkt die höheren Preise nicht abbilden lassen, so wird es für Kleinvermieter immer unattraktiver, eine Wohnung zu vermieten. Dadurch könnte vor allem der von der Bundesregierung so stark forcierte Neubau von Wohnungen ins Stocken geraten. Was wiederum die Mietpreise treiben würde und somit Wohnen für immer mehr Menschen nur schwer bezahlbar macht.