kalt duschen wegen der Energiekrise - nur eine Maßnahme in Kommunen...anderswo sollen Schulen zusammengelegt werden
kalt duschen wegen der Energiekrise - nur eine Maßnahme in Kommunen...anderswo sollen Schulen zusammengelegt werden
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Vorbereitungen auf Notfall

Energiekrise: Mehrere Städte lassen nur noch kalt duschen

Die Energiekrise sorgt dafür, dass sich immer mehr Kommunen auf den Notfall vorbereiten. Fulda in Hessen etwa prüft bereits, alle öffentlichen Gebäude dichtzumachen. In Hannover wurden bereits die Brunnen abgeschaltet, in Turnhallen kann nur noch kalt geduscht werden. Was Kommunen tun und was die Maßnahmen bringen, ein Überblick:

Die Energiekrise wird immer deutlicher sichtbar. Als vor knapp 2 Monaten der Landrat im Lahn-Dill-Kreis ankündigte, das Warmwasser in Schulen und Sporthallen abzustellen, gab es noch einen Aufschrei. Inzwischen werden diese und viele weitere Maßnahmen in immer mehr Kommunen zum Alltag.

Deutschland fährt Kohlekraftwerke hoch, Firmen empfiehlt der Staat, Notstromaggregate zu kaufen, Heizlüfter sind fast ausverkauft, der Strompreis geht durch die Decke, E-Auto fahren könnte bald teurer sein als Benziner -  die Probleme sind für jeden sichtbar. Deutschlands Kommunen sind daher in Zugzwang - und tun immer mehr. 

Kalt duschen wegen der Energiekrise in mehreren Landkreisen und Städten 

So kommt etwa im Main-Taunus-Kreis aus den Duschen in den Turn- und Sporthallen inzwischen nur noch kaltes Wasser. Ihr Landrat, Michael Cyriax begründet das bei Radio FFH mit den Worten: "Der Gasmarkt steht Kopf, die Lage ist dramatisch. Wir müssen handeln". 

Mit Hannover lässt ab sofort auch eine erste Großstadt nur noch kalt duschen. Auch die Brunnen in Hannover wurden schon abgeschaltet, um in der Energiekrise zu sparen. Auch die Stadtbäder werden in Hannover nicht mehr mit Gas beheizt, Neues Rathaus, Museen und andere Sehenswürdigkeiten werden nachts nicht mehr angestrahlt. Unangenehm für Mitarbeiter in öffentlichen Gebäuden, wie etwa im Rathaus: Zum Händewaschen gibt es auch nur noch kaltes Wasser.

So will die Stadt mindestens 15 Prozent Energieverbrauch sparen. Zudem bereitet sie sich auf die Energiekrise mit einem Krisenstab vor, eingebunden sind neben den Stadtwerken auch Feuerwehr und andere Einrichtungen. "Die Lage ist unberechenbar" zitiert die Bild-Zeitung heute Oberbürgermeister Belit Onay. 

Auch Schulschließungen wegen der Energiekrise werden schon geprüft 

Konkrete Maßnahmen plant auch der Kreis Kassel. Hier werden die meisten Schulen mit Gas geheizt. Die Kreisverwaltung prüft daher die Zusammenlegung von Schulen. Schüler einer kleinen Schulen mit Gas-Heizung könnten vielleicht an einer größeren, benachbarten Schule unterrichtet werden, so ein Kreissprecher. Eine Task-Force lote hier gerade die Optionen aus. In den KFZ-Zulassungsstellen und an anderen kreiseigenen Gebäuden, in denen kein Home-Office möglich ist, prüft der Kreis zudem den Einsatz von elektrischen Heizlüftern statt der Gas-Heizung. 

Wärmeinseln im Kampf gegen die Energiekrise - weitere Kommunen haben Krisenstäbe eingerichtet 

Vor knapp drei Wochen hatten erste Kommunen aus Rheinland-Pfalz angekündigt, dass sie Wärmeräume einrichten wollen. Die Planung für den Winter laufe auf Hochtouren, sagte etwa die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, Jutta Steinruck. Als zentrale Aufwärmstation soll dort die Friedrich-Ebert Halle dienen. Es handelt sich dabei um eine Mehrzweckhalle, in der normalerweise Sportveranstaltungen, Ausstellungen und Konzerte stattfinden. 

Ideen, die in vielen weiteren Landkreisen inzwischen Nachahmer gefunden haben. Im Rheingau-Taunus-Kreis geht man etwa davon aus, dass rund ein Drittel der 180.000 Einwohner des Kreises mit Gas heizt. Im schlimmsten Fall müssten dann "Wärmeinseln" bereit gestellt werden, erklärt Kreisbranddirektor Christian Rossel bei FFH. Konkret plane man Hallen und Gebäude, in denen sich Menschen kurzzeitig aufwärmen könnten. "Wir schauen uns jedes Gebäude an und entscheiden", so der Kreisbrandinspektor. 

Wirkung der Energiesparpläne in Kommunen ist umstritten 

Experten sehen viele der Maßnahmen, die Kommunen nun prüfen, jedoch skeptisch. Das Problem: Insgesamt ist der Anteil, den Kommunen zum Sparen in der Energiekrise beitragen können, überschaubar. Vor allem in kleineren Gemeinden gibt es kaum - wie etwa in Berlin - viele Lichtquellen, die angestrahlt werden und auch nur wenige große Gebäude, die nicht ohnehin schon energieeffizient umgebaut wurden. LED-Beleuchtungen der Straßenlaternen sind in vielen Kommunen etwa schon Alltag, gerade in kleinen Gemeinden werden schon seit Jahren Straßenlaternen in Nebenstraßen nicht die komplette Nacht eingeschaltet, in anderen Orten brennt teils nur jede zweite Laterne. Weitere Einsparungen sind also nur bedingt möglich. 

Dort, wo jedoch noch sehr alte Technik verbaut ist, gibt es für Städte und Gemeinden durchaus erhebliches Einsparpotential bei Straßenlaternen. Bis zu 80 Prozent Energie könne durch Einbau von LED-Lampen gespart werden, sagen Experten. 

Die Energieexpertin Lamia Messari-Becker von der Universität Siegen hat verschiedene Maßnahmen in Kommunen unter die Lupe genommen und sie bewertet. Als positiv sieht sie Maßnahmen wie mehr Home-Office an. So hat Nürnberg etwa angekündigt, noch mehr Mitarbeiter von daheim arbeiten zu lassen um ein Zeichen in der Energiekrise zu setzen. 

Anders sieht sie die Einsparpotentiale beim Sparen von Warmwasser in Verwaltungsgebäuden. "Hier braucht man nicht unbedingt Warmwasser, in Freibädern erst recht nicht, aber dieses Klein-Klein rettet uns nicht", sagte sie dem ZDF. Sie kritisiert stattdessen, dass die Wärmewende nicht vorangetrieben werde.

Was Experten zu den Einsparplänen der Kommunen sagen 

Auch Lion Hirth, Energieökonom an der Hertie School in Berlin, sieht die aktuellen Maßnahmen kritisch. "Öffentliche Gebäude haben am gesamten Energieverbrauch nur einen kleinen Anteil, sodass die einzelnen Maßnahmen nicht viel bringen", sagt er im ZDF. Laut Statistischem Bundesamt ist die Industrie mit 44 Prozent der größte Stromverbraucher. Es folgen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen mit 27 Prozent noch vor den privaten Haushalten. Sie tragen zu einem Viertel zum Gesamtenergieverbrauch bei.  

Der Ökonom gibt Kommunen daher einen klaren Tipp: "Der größte Hebel, den Städte haben, sind die Stadtwerke: Sie sind als Dienstleister gut vernetzt und haben engen Kontakt zu Menschen und dem Gewerbe". 

Und weiter sagt Hirth: "Meistens sind sie glaubwürdig und beliebt und können das nutzen, um einerseits über Möglichkeiten des Energiesparens aufzuklären, und andererseits, um transparent und klar hinzuweisen, welche Kosten auf sie zukommen. Das ist vielen Menschen immer noch nicht bewusst."

Wie Kommunen in der Energiekrise ihre Maßnahmen koordinieren 

Gerade in kleinen Kommunen ist aber häufig schon die genaue Bestandsanalyse, wo möglicherweise noch Einsparpotentiale liegen, schwierig. Hier kommen immer wieder Klimaschutzmanager ins Spiel. Sie werden in den ersten Jahren mit bis zu 75 Prozent der Lohnkosten vom Bund gefördert. Eine Möglichkeit, die nun etwa auch die Samtgemeinde Hankensbüttel in Niedersachsen nutzen will. Der Ort hat 4500 Einwohner. Im Gemeinderat wurde nun diskutiert, einen Klimaschutzmanager für den Ort einzustellen. Zudem will man die mehr kommunale Dächer für Photovoltaik-Anlagen nutzen, ist man sich einig. 

Den Schritt gegangen ist zuletzt auch die Stadt Kaltenkirchen in Schleswig-Holstein. In der knapp 20.000 Einwohner Stadt gibt es seit dem 1. Juli einen Klimaschutzmanager. Die Aufgabenliste des Diplom-Ingenieurs Antonius Meyer ist dabei lang. Erneuerbare Energien, die Liegenschaften mit den Gebäuden der Stadt, die Mobilität im Ort, die Einbindung der Wirtschaft und vieles mehr, werden seine Aufgaben aus der Homepage der Stadt beschrieben. 

Deutschlandweit gibt es bisher nur in geschätzt 800 Kommunen einen Klimaschutzmanager, einige größere Städte beschäftigen hingegen schon zwei Personen, so dass es insgesamt rund 1300 Beschäftigte in dem Bereich gibt.