Bürgermeister sehen Gemeindefusionen kritisch
Gemeindefusionen werden schon seit den flächendeckenden Zwangsfusionen in den 1970er Jahren kritisch diskutiert. Gerade die Verantwortlichen vor Ort sind meist skeptisch, da die Fusionen häufig die gewachsenen Strukturen angreifen und die Identifizierung der Bürger mit ihrer Gemeinde reduziert. Das kann viele negative Folgen haben - weniger Beteiligung an Kommunalwahlen, weniger ehrenamtliches Engagement, um nur zwei zu nennen. Dementsprechend ist die These des Landesrechnungshofs in Hessen, langfristig wirtschaftlich arbeiten könnten Kommunen erst ab einer Größe von 8.000 Einwohnern und der Folge, es müsse mehr Gemeindefusionen geben, bei vielen Rathauschefs mit Argwohn aufgenommen worden. Einigen gab die Hessische Niedersächsische Allgemeine nun eine Stimme.
Gemeindefusionen zerstören die Identität der Orte
Dass größere Verwaltungen effektiver arbeiteten als kleine, stellt Stefan Hable, Bürgermeister von Naumburg (6.300 Einwohner), nicht in Frage. Gleichzeitig sei es aber wichtig die Identität der gewachsenen Orte zu bewahren. Deshalb setzt er, wie so viele Bürgermeister kleiner Orte, auf die interkommunale Zusammenarbeit. Verwaltungsdienstleistungen mehrerer kleiner Kommunen zusammenzufassen und ins digitale Zeitalter zu führen, hält er für den besten Weg, Mittel einzusparen und die Identifikation der Bürger mit ihren Gemeinden zu erhalten. Die Stadt kooperiert bereits mit anderen Kommunen, wenn es etwa um Standesamt, Feuerwehrdienstleistungszentrum und Gefahrengutüberwachung geht. Auch in den Bereichen Buchhaltung und Kasse kann sich Bürgermeister Hable eine Zusammenarbeit mit anderen Kommunen vorstellen.
Auch Thomas Raue, Bürgermeister von Habichtswald (5.100 Einwohner), hält die Eigenständigkeit der gewachsenen Kommunen für wichtig. Fusionen könnten nur dann erfolgreich sein, wenn die Bürger dahinter stünden. Das wäre aber meist nicht der Fall. Zuletzt hatten die Bürger der Gemeinden Neuberg und Erlensee gegen eine Fusion gestimmt. Raue sieht das Problem eher darin begründet, dass das Land den Kommunen nicht die nötigen Mittel zur Verfügung stellt. Es würden immer mehr Aufgaben auf die Gemeinden delegiert, wenn aber Einnahmen wegbrächen, würde das Land die Voraussetzungen für die Genehmigung von Haushalten unnötig erschweren. Verschärfen werde sich das Problem noch, wenn es zu einer Rezession kommt und Gewerbe- und Einkommenssteuereinnahmen einbrächen. Als Beispiel nennt Raue die beitragsfreie Kita. Sie kostet die kleine Kommune in diesem Jahr 690.000 Euro, im nächsten voraussichtlich 1,25 Millionen Euro. Das Land verkaufe das Angebot als Geschenk an die Bürger, die Haushalte der Kommunen müssten jedoch die Last tragen.
Freiwillige Fusionen wird es kaum geben
Stefan Denn, Bürgermeister von Zierenberg (6.600 Einwohner) hält freiwillige Gemeindefusionen nicht für zielführend, da sich die wenigsten Kommunen dazu entscheiden würden. Sollte ein Interesse an Fusionen bestehen, müssten diese mit finanziellen Anreizen für Kommunen interessanter gemacht werden. Gemeindeübergreifende Behörden halten die Bürgermeister jedoch durchweg für sinnvoll. Dabei gehe es nicht nur um die finanziellen Vorteile. Die Mitarbeiter könnten so auch spezialisierter in einem Bereich arbeiten für den sie zu Experten werden. Außerdem könnten krankheitsbedingte Ausfälle leichter aufgefangen werden.