Gruppenbild der Impflotsen in Neuwied
Die Impflotsen in der Stadt Neuwied mit den politisch Verantwortlichen.
© Kreis Neuwied

Corona-Bekämpfung

Wo Impflotsen erfolgreich im Einsatz sind

Die Impfquote stagniert - vor allem Menschen, die wenig Deutsch sprechen, sind überdurchschnittlich oft ungeimpft. Ein Landkreis will das ändern und setzt auf Überzeugungsarbeit. Mit Hilfe von ehrenamtlichen Impflotsen. Wir haben uns das Konzept angeschaut und mit den Verantwortlichen gesprochen. Prädikat: Zum Nachahmen empfohlen!

Jede Spritze zählt, das ist die Überzeugung, mit der die insgesamt zwölf Impflotsen in Kreis und Stadt Neuwied jedes Mal aufs Neue an ihre Einsatzstellen gehen und versuchen, möglichst viele Menschen im direkten Gespräch vom Wert einer Corona-Impfung zu überzeugen. „Es ist eine schwierige Arbeit in kleinen Schritten, aber sie lohnt sich“, sagte Rita Hoffmann-Roth zu KOMMUNAL. Sie betreut beim KreisGesundheitsamt die Koordinierungsstelle „Gesundheitsförderung und Prävention“.

Impflotsen - mehrsprachig unterwegs

Seit Januar dieses Jahres sind die Impflotsen teilweise ehrenamtlich, teilweise gegen Aufwandsentschädigung oder als Ergänzung ihrer Arbeit an unterschiedlichen Stellen im Einsatz, um all jene zu erreichen, die sich aufgrund mangelnden Wissens und fehlender Aufklärung die schützende Spritze noch nicht geholt haben. Dabei geht es laut Koordinatorin Hoffmann-Roth nicht immer nur um die Erstimpfung – mitunter seien Leute auch schon einmal geimpft und wollen auf die Auffrischungsimpfung verzichten. Auch hier gelte es oft, Aufklärungsarbeit zu leisten und Ängste zu nehmen. Ergänzend verteilen die Impflotsen Informationsmaterial in mehreren Sprachen und weisen auf freie Impftermine hin.

Infos über die Corona-Schutzimpfung

Der Einsatz der Impflotsen in Neuwied ist Teil des Projekts "Impflotsen Rheinland-Pfalz", das vom Landesministerium für Wissenschaft und Gesundheit und der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz (LZG) unterstützt wird. In Neuried vor Ort arbeiten Kreisverwaltung und Stadtverwaltung schließlich Hand in Hand, um Menschen mit fehlendem oder unvollständigem Corona-Impfschutz durch die Impflotsen wohnortnah über den Nutzen der Impfung zu informieren und sie zur Annahme eines Impfangebotes zu motivieren.

Ein besonderer Fokus liegt bei den Impflotsen in Neuwied auf den Menschen mit Migrationshintergrund, bei denen die Impfquote tendenziell noch deutlich niedriger ist. Bereits im Sommer vergangenen Jahres wurde im Kreis Neuwied in der ortsansässigen Moschee eine Informationsveranstaltung zur Corona-Impfung durchgeführt. Die Rückmeldungen damals waren positiv und mit dem Impflotsen-Programm bot sich nun die Chance, den niedrigschwelligen Ansatz auszuweiten und Menschen über den gesamten Kreis hinweg zu erreichen.

Impflotsen überall präsent

Deutlich gekennzeichnet mit Westen samt leuchtend grünem Schriftzug, sind die Impflotsen jeweils in Zweierteams für ein paar Stunden an verschiedensten Stellen tätig, etwa bei der Kfz-Zulassungsstelle, bei den Tafeln, in den Abholbereichen der örtlichen Kitas oder im Jobcenter. Dabei hat sich deutlich gezeigt: „Je intimer und zeitlich entspannter der Rahmen, desto besser“, so Hoffmann-Roth. So habe es sich etwa nicht bewährt, Leute auf dem Weg in den Supermarkt anzusprechen, viel zugänglicher seien die Menschen, wenn sie keinen Zeitdruck hätten und sich in der Umgebung wohlfühlten, etwa in der Kita ihres Kindes. Parallel zum direkten Einsatz vor Ort hat man in Neuwied auch gute Erfahrungen mit dem Online-Einsatz von Impflotsen gemacht, die bei einer digitalen Veranstaltung als Ansprechpartner für alle Interessierten zur Verfügung standen.

Impflotse im Gespräch mit einem Interessierten
Ein Impflotse im Gespräch mit einem Interessierten bei der Neuwieder Tafel

Einsatz als Impflotse erfordert starke Nerven

Um für den Einsatz als Impflotsen gut gerüstet zu sein, haben die Lotsen im Vorfeld ihrer Tätigkeit drei Schulungen von je 1,5 Stunden besucht, bei denen sie zum medizinischen Hintergrund und zur Kommunikation gecoacht wurden. Zudem werden sie weiterhin betreut – so findet alle zwei Wochen eine gemeinsame Videokonferenz statt, bei der aktuelle Fragen beantwortet werden und sich die Impflotsen austauschen können. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil sich die medizinische Informationslage ständig aktualisiert. Zusätzlich zum Hintergrundwissen braucht es für die Tätigkeit als Impflotse schließlich starke Nerven und Kommunikationstalent. „Die Impflotsen müssen natürlich selbst davon überzeugt sein, dass die Impfung nützlich ist. Zudem sollten sie offen sein, auf Leute zugehen können und gerne kommunizieren““, so Hoffmann-Roth.

Anstrengend, aber erfolgreich: Arbeit der Impflotsen

Das Aufklären über und Werben für die Corona-Schutzimpfung ist eine anspruchsvolle und oft auch anstrengende Aufgabe, wie Hoffmann-Roth aus den Erfahrungsberichten der Lotsen weiß. „Man muss definitiv Geduld haben, wird häufig zurückgewiesen und manches Mal auch barsch angegangen“, so die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes. Der Einsatz aber lohnt sich. Zwar gebe es eine bestimmte Klientel, die kaum ansprechbar sei und jedwede Information grundsätzlich verweigere, wie Hoffmann-Roth sagt. Viele Ungeimpfte aber könnten durchaus erreicht werden und nicht selten würden auch praktische Gründe eine Rolle spielen, warum jemand bislang ungeimpft ist – Anfahrtswege zum Beispiel oder Unkenntnis über Impfangebote. Auch hier vermitteln die Impflotsen, melden die Impfwilligen gegebenenfalls zur Impfung an und organisieren den Transport.

Appell an die Freiwilligkeit

Aus Sicht von Hoffmann-Roth hat sich der bisherige Einsatz der Impflotsen in Neuwied durchaus ausgezahlt und gerade in Hinblick auf die viel diskutierte Impfflicht sei die Überzeugungsarbeit auf freiwilliger Basis ein vielversprechender Ansatz. „Es ist immer besser, Menschen freiwillig zu etwas zu bewegen – ansonsten wächst die Skepsis und die Staatsferne nur noch“, so Hoffmann-Roth.

Im Kreis Neuwied läuft das Impflotsen-Projekt vorerst weiter, zudem kann sich Hoffmann-Roth einen ähnlichen Ansatz auch in weiteren Gesundheitsbereichen vorstellen, etwa bei anderen Impfungen oder im Präventionsbereich. „Durch den persönlichen Kontakt und die direkte Ansprache lassen sich auch Menschen erreichen, die sich selbstständig nicht informieren können oder wollen“, so Hoffmann-Roth, „und darin liegt eine große Chance“.

Fotocredits: Landkreis Neuwied