KI und Mensch - Hände berühren sich
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Künstliche Intelligenz

Wie Roboter & Co den kommunalen Alltag erleichtern

Künstliche Intelligenz kann helfen, kommunale Probleme zu lösen. So können Bewohner im hohen Alter dank eines ausgeklügelten Systems länger in ihrer Wohnung bleiben. Im Bayerischen Wald sind schon heute Roboter im Einsatz: als Wegweiser im Krankenhaus und als Servicekraft im Restaurant.

Es klingt wie in einem Science Fiction-Roman: Sensoren erfassen, wie sich eine Bewohnerin oder ein Bewohner in der Wohnung bewegt. Sie zeigen aber auch an, wenn etwas ausbleibt: Wird der Kühlschrank über längere Zeit nicht geöffnet oder der Bewohner steht nicht zur gewohnten Zeit auf, werden Angehörige, Pflegekräfte oder der Sicherheitsdienst im Wohnquartier benachrichtigt. Lichtsensoren sorgen dafür, dass der Weg ins Bad nachts beleuchtet ist. Ist es Zeit zum Lüften, zeigt das System das dem Bewohner an. Smart Living  - Wohnen mit intelligenter Technik –  ist nicht nur etwas für junge Digitalfreaks, die ihr Zuhause damit aufpeppen wollen. Digitale Technologien und Künstliche Intelligenz können auch Menschen im Alter unterstützen. 

KI und altersgerechte Assistenzsysteme

Im Märkischen Viertel in Berlin-Reinickendorf haben Senioren und Seniorinnen über mehrere Jahre in ihren kommunalen Wohnungen ausprobiert, wie sie mit solchen altersgerechten Assistenzsystemen zurechtkommen. Gemeinsam mit einer Krankenkasse hat eine Wohnungsgesellschaft dort das spannende Konzept Pflege@Quartier entwickelt. „Bei der Ausstattung von 30 Wohnungen setzten wir bewusst auf erschwingliche, benutzerfreundliche und niedrigschwellige Lösungen“, sagt Helene Böhm. Sie leitet das Sozial- und Quartiermanagement der Gesobau.  

Chancen und Risiken beim Einsatz der KI

Die Rentnerin Ruth Schley war über 80 Jahre alt, als sie sich dazu entschieden hatte, bei dem technologiegestützten Projekt mitzumachen. „Von Frau Schley stammt der schöne Satz: Meine Wohnung passt auf mich auf“, erinnert sich Helene Böhm. Die alte Dame – inzwischen ist sie verstorben - wollte so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben.  Wie weit aber dürfen moderne Technologien, zu denen auch die Künstliche Intelligenz gehört, in unsere Privatsphäre eingreifen? Und besteht nicht die Gefahr, dass bald Roboter & Co menschliche Zuwendung ersetzen? Die Sozialpädagogin Helene Böhm sieht im Einsatz von Künstlicher Intelligenz viele Vorteile, wenn sie gut durchdacht eingesetzt wird.  Sie könne als Ergänzung bei der Betreuung von älteren Menschen gute Dienste leisten. Sie rät daher Kommunen, die Menschen zumindest über solche Fortschritte zu informieren. „Es ist hilfreich, mit externen Partnern eine Musterwohnung einzurichten und den Stand digitaler Möglichkeiten zu vermitteln.“

 

Ruth Schley
Ruth Schley sagte: "Meine Wohnung passt auf mich auf."

Inaktivitätsmelder und Alles-Aus-Schalter

Und was hat das Projekt ergeben? Die digitalen Assistenzsysteme, die bei den 30 Teilnehmern am besten ankamen, waren der Inaktivitätsmelder, die Sturzerkennung, die zentrale Herdabschaltung, das Lichtleitsystem, die visuelle Türklingel und der Alles-Aus-Schalter.  „Die Nachrüstung der Wohnungen ist keine besondere Herausforderung“ resümiert die Projektleiterin. Allerdings nehme es Zeit in Anspruch, die Menschen individuell dazu zu beraten und sie im Umgang mit den Technologien darin zu schulen.  „Was viele nicht wissen: Die Pflegekassen übernehmen inzwischen so einige solcher Hilfsmittel.“  

Altersfreundliche Kommunen

Kommunen sollten den demografischen Wandel mit den Chancen der Digitalisierung zusammendenken - dafür plädiert Catherina Hinz, die Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerungsentwicklung   "Wollen Kommunen älteren Menschen weiterhin ermöglichen, mobil und sicher unterwegs zu sein und länger selbständig zuhause zu leben, müssen sie auch auf die Bedürfnisse der Älteren reagieren. Intelligente Geräte, Assistenz-Systeme, Sensoren oder Apps, aber auch Künstliche Intelligenz oder die Vernetzung smarter Lösungen tragen dazu bei, dass Kommunen altersfreundlicher werden -und damit zukunftsfähiger", sagt Hinz.  Kommunen sollten aber in jedem Fall auch prüfen, ob die digitale Anwendung das Selbstbestimmungsrecht oder die Privatsphäre älterer Menschen verletzt und darauf achten, dass der Datenschutz gewährleistet ist. 

Künstliche Intelligenz in Verwaltungen

  Wo kann Künstliche Intelligenz in kommunalen Verwaltungen eingesetzt werden? „Sie kann die Administration vereinfachen“, sagt der Digital-Pionier Franz Reinhard Habbel. In immer mehr Kommunalverwaltungen wie der baden-württembergischen Stadt Heidenheim haben einen Chatbot auf der Homepage im Einsatz. Er beantwortet Fragen der Bürger und entlastete damit die Verwaltungsmitarbeiter.  „KI kann  auch zur Steuerung von Infrastrukturen und von politischen Maßnahmen verwendet werden: Nicht, indem sie Entscheidungen trifft, sondern indem sie zum Beispiel Hochwasserdaten auswertet und so einen wirkungsvollen Hochwasserschutz ermöglicht“, so Habbel. Künstliche Intelligenz könne auch eingesetzt werden, um Anliegen der Bürger, die oft per Brief oder Mail an die Verwaltung gerichtet werden, zu kategorisieren. Sie könnten dann über eine Texterkennung automatisiert an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden.

Für effektiven KI-Einsatz fehlen Schnittstellen

Der Kommunalexperte sieht die Gefahr, dass „uns die  Verwaltungsmodernisierung  noch jahrelang beschäftigt und wir darüber die Möglichkeiten der KI nicht nutzen“.  Seine Diagnose: „Wir stehen bei der KI in der Verwaltung weitgehend bei null. Das darf so nicht bleiben.“  Tatsächlich liegt Deutschland beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung noch weit zurück.  Ganz vorne sind damit derzeit Australien, Vereinigtes Königsreich und die USA, gefolgt von Frankreich.  „Entscheidend wird sein, dass wir Daten haben, mit der die Künstliche Intelligenz gefüttert werden kann, denn ohne Daten kann KI nicht arbeiten“, so Habbel. Bislang fehlten aber die nötigen Schnittstellen, um auf vorhandene Daten auch zugreifen zu können. Das liege daran, dass neben technischen Standards die rechtlichen Voraussetzungen dafür noch nicht gegeben sind. „Behörden dürfen Daten nicht einfach zusammenführen. Laut geltender Datenschutzregelungen unterliegen sie einer Zweckbindung. So darf das Schulamt nicht einfach auf Daten des Sozialamtes zurückgreifen,“ sagt Habbel.  

 

KI Grafik Deutschland im Vergleich

Pepper im Krankenhaus Freyung

In der Medizin ist KI längst angekommen – komplizierte Operationen sind ohne sie kaum mehr denkbar. Im Krankenhaus Freyung begrüßt seit kurzem aber schon am Haupteingang ein neuer Kollege die Patienten und Besucher. Pepper hilft Besuchern und Patienten bei der Orientierung im Gebäude und soll so langfristig das Personal entlasten, etwa an der Pforte. „Über Spracherkennung oder aber ein Tablet auf seiner Brust kann der Besucher oder Patient einen Ort oder eine Abteilung auswählen“, erläutert Natalie Stiller, Sprecherin der Kliniken am Goldenen Steig.  „Der Roboter erklärt dann den Weg. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, auf dem Tablet ein Video abzuspielen, auf dem der zu gehende Weg abgespielt wird. Außerdem informiert Pepper über die aktuell geltenden Hygieneregeln.“

Und wie reagieren Patienten und Besucher auf den Kerl in Weiß mit den großen Augen? „Die Menschen sind an Pepper interessiert, einige sind aber noch etwas kontaktscheu“, erzählt die Sprecherin. Der humanoide Kerl Pepper ist noch nicht ganz ausgereift. Noch steht er an einem festen Platz am Eingang.

nn

Sein „Arbeitstag“ orientiert sich an den Öffnungszeiten der Pforte: wochentags täglich von 6:45 – 20 Uhr und am Wochenende von 8 – 18 Uhr. In Zukunft soll er oder einer seiner Roboter-Kollegen den Besuch jedoch auch direkt an den gewünschten Ort geleiten können.  Pepper wird im Zuge eines Projekts im Technologie Campus Grafenau in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule  Deggendorf und mehreren Kliniken eingesetzt. „Neben der Begleitung an Orte wie bestimmte Stationen können in Zukunft noch weitere sinnvolle Funktionen implementiert werden“, so die Sprecherin der Kliniken.  Geplant sei, dass in Zukunft weitere Roboter dabei helfen, das Personal zu entlasten und eine noch bessere Versorgung zu gewährleisten: Beispielsweise durch die Unterstützung bei Routine-Aufgaben wie Botengängen oder auch Televisite durch Fachärzte, die so ortsunabhängig und schnell konsultiert werden können. 

Bürgermeister zunächst skeptisch

„Ich habe erst dagegen gestimmt“, sagt Heinz Pollak, Bürgermeister in Waldkirchen und Aufsichtsrat der Kliniken am Goldenen Steig. „Doch solange die Patienten nicht nachts aufwachen und klingeln – und dann kommt ein Roboter statt einer Pflegekraft ans Bett, finde ich einen solchen Einsatz von KI durchaus sinnvoll und unbedenklich“, so Pollak.

Roboter in der Gastronomie
Waldkirchens Bürgermeister Heinz Pollak (links) lässt sich von Wirt Max Hirz den Roboter im Restaurant zeigen. Die Maschine hilft dem nach Personal suchenden Gastronom im Service. 
 

Im Bayerischen Wald suchen Bürgermeister und Unternehmen auch in der Gastronomie fast verzweifelt nach Fachkräften. Aus dem Nachbarland Tschechien sind sie nur noch selten zu gewinnen, da sie dort inzwischen auch gebraucht werden und sich die Löhne angenähert haben.  In einer Gaststätte – der Bierreria – haben die Angestellten neuerdings einen Roboter als neuen Kollegen. Er hilft, Essen zu bringen und schafft es auch wieder zurück in die Küche.  „Die Leute finden das in der überwiegenden Mehrheit ganz okay“, sagt der Wirt Rudi Hirz.   Bürgermeister Pollak, der den Roboter in dem „Bier und Pizza-Lokal“ in der Nachbarkommune Hauzenberg bei der Arbeit beobachten konnte, meint pragmatisch: „Wenn KI hilft, ein Restaurant offen zu halten, ist das schon eine gute Sache.“

Fotocredits: GESOBAU AG, privat