Ampel
Kommt nun die Ampelkoalition? SPD, Grüne und FDP haben sich auf Eckpunkte geeinigt.
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Regierungsbildung

Das plant die mögliche Ampel-Regierung

An diesem Donnerstag, 20. Oktober, beginnen die Koalitionsgespräche zwischen SPD, Grüne und FDP. Der SPD-Vorstand und ein Kleiner Parteitag der Grünen haben diesem Schritt zugestimmt. Die FDP zog am Montag mit einem Beschluss des Bundesvorstandes und der Fraktion nach. Die Grundlage - DAS SONDIERUNGS-PAPIER IM WORTLAUT ALS PDF!

Das Einigungspapier ist 12 Seiten lang und lässt bereits erkennen, wie sich SPD, Grüne und FDP ihre gemeinsame künftige Regierung vorstellen. Das Ergebnis der Sondierungsgespräche für eine mögliche Ampelkoalition hält für die Kommunen eine wichtige Botschaft parat: Es soll noch einmal überprüft werden, ob sie von ihren Altschulden befreit werden. Die möglichen künftigen Koalitionäre wollen Gesetze einem Digitalisierungs-Check unterziehen. Die digitalpolitische Strategie der Bundesregierung wird neu aufgesetzt. Für die Kommunen und die Entwicklung in den Städten und Regionen auch interessant: Im ersten Jahr der Regierung sollen die Weichen dafür gestellt werden, dass sich die Dauer bei Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren mindestens halbiert. Damit sollen private wie staatliche Investitionen schnell und effizient umgesetzt werden.

 Einigungen im Sondierungspapier von SPD, Grüne und FDP

  • Der gesetzlichen Mindestlohn soll im ersten Jahr in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden.
  • Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) wird ein Bürgergeld eingeführt.
  • Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.  
  • Das Klimaschutzgesetz wird noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg gebracht werden.
  • Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll drastisch beschleunigt werden. Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. "Idealerweise gelingt das schon bis 2030", heißt es wörtlich.
  • Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben. 
  • Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen.
  •  Einkommen-, Unternehmens- und Mehrwertsteuer sollen nicht erhöht werden. geben. Es sollen keine neuen "Substanzsteuern" sollen eingeführt werden. Eine Vermögensteuer scheint also vom Tisch.
  • Das Wahlalter soll auf 16 Jahre sinken.

Einige der Ergebnisse im Wortlaut - Pdf am Ende des Artikels

  • Wir wollen einen grundlegenden Wandel hin zu einem ermöglichenden, lernenden und digitalen Staat, der vorausschauend für die Bürgerinnen und Bürger arbeitet. Es geht darum, das Leben einfacher zu machen. Staatliches Handeln soll schneller und effektiver werden und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Innovationsprozesse befördern. Wir wollen eine neue Kultur der Zusammenarbeit etablieren, die auch aus der Kraft der Zivilgesellschaft heraus gespeist wird.
  • Um Deutschland zügig zu modernisieren sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung. Daher sollen im ersten Jahr der Regierung alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren.
  • Wir werden das Klimaschutzgesetz noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg bringen. Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen: Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft. Die Einhaltung der Klimaziele werden wir anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüfen.  
  • Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden. Bürokratische Hürden werden wir abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren finanziell nicht zu überfordern. Wir sehen darin auch ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk.
  • Für die Windkraft an Land sollen zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen werden. Wir wollen dafür sorgen, dass die Kommunen von Windenergieanlagen und größeren FreiflächenSolaranlagen auf ihrem Gebiet finanziell angemessen profitieren. Die Kapazitäten für Windenergie auf See werden wir erheblich steigern.
  • Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelingt das schon bis 2030. Das verlangt den von uns angestrebten massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Errichtung moderner Gaskraftwerke, um den im Laufe der nächsten Jahre steigenden Strom- und Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen zu decken. Dafür werden wir den ersten der im Kohleausstiegsgesetz vorgesehenen Überprüfungsschritte bereits in der 20. Legislaturperiode vornehmen.
  • Wir wollen das Brennstoffemissionshandelsgesetz und den europäischen Emissionshandel im Sinne des EU-Programms „Fit for 55“ überarbeiten. Im Laufe der Legislaturperiode werden wir die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis so schnell wie möglich beenden. Damit senken wir die Stromkosten für private Haushalte und Betriebe. Im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien werden wir ein neues Strommarkt-Design erarbeiten.In den Verhandlungen über das EU-Programm „Fit for 55“ unterstützen wir die Vorschläge der EU-Kommission und wollen in den einzelnen Sektoren die Instrumente möglichst technologieneutral ausgestalten.  
  •  Im Rahmen einer befristeten Regelung mit Evaluationsklausel werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen dies vorsehen (Experimentierräume).
  •  Wir werden den gesetzlichen Mindestlohn im ersten Jahr in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde erhöhen. Im Anschluss daran wird die Mindestlohnkommission über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden. Bei den Mini- und Midi-Jobs werden wir Verbesserungen vornehmen: Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen. Wir erhöhen die Midijob-Grenze auf 1.600 Euro. Künftig orientiert sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht. Gleichzeitig werden wir verhindern, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle insbesondere für Frauen werden.
  • ....Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent sichern. Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.
  • Wir werden das bisherige System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren. Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen. Daneben werden wir die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen. Eine Förderung soll Anreize für untere Einkommensgruppen bieten, diese Produkte in Anspruch zu nehmen. Es gilt ein Bestandschutz für laufende Riester-Verträge. Den Sparerpauschbetrag wollen wir auf 1.000 Euro erhöhen.     
  • Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen. Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein. Es soll Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen. Während der Corona-Krise galten großzügige Regelungen zu Schonvermögen und zur Überprüfung der Wohnungsgröße. Wir prüfen, welche dieser Regeln wir fortsetzen wollen. An Mitwirkungspflichten halten wir fest und prüfen, wie wir hier entbürokratisieren können. Die Zuverdienstmöglichkeiten wollen wir verbessern, mit dem Ziel, Anreize für Erwerbstätigkeit zu erhöhen.
  • Wir wollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dazu ist es vordringlich, deutlich mehr Wohnungen zu bauen. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Hierzu werden wir zu einem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren einladen. In diesem Rahmen gewährleisten wir Planungssicherheit für die Bauindustrie zum Aufbau von Baukapazitäten.  
  • Angesichts des hohen Investitionsbedarfs auf kommunaler Ebene prüfen wir die Entlastung der Kommunen von strukturwandelbedingten Altschulden in gemeinsamer Verantwortung mit den Ländern.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte-und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte KOMMUNAL auf Anfrage: "Es ist wichtig, dass wir alsbald eine handlungsfähige Regierung haben. Wir erwarten, dass die Finanzkraft der Kommunen gestärkt wird und sich die Ampel zur Realisierung der gleichwertigen Lebensverhältnisse bekennt." Entscheidend seien nicht "schönbeschriebene Visionen, sondern, ob sich das Leben der Menschen vor Ort in Stadt und Land tatsächlich verbessert",  betonte Landsberg. "Daran werden die Menschen die zukünftige Koalition messen." Die Koalitionsverhandlungen werden aller Voraussicht nach diese Woche bereits beginnen.

Das Papier als PDF: