Kommunalwahlen 2020 in Bayern und NRW
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NRW und Bayern wählen

Kommunalwahlen 2020 – Alles, was Sie wissen müssen

In Bayern und Nordrhein-Westfalen werden in diesem Jahr tausende Posten neu besetzt. Was ist von den Kommunalwahlen 2020 zu erwarten? Und welche Rückschlüsse lassen sich vielleicht auch für die Bundestagswahl 2021 ziehen?

In Bayern wird am 15. März gewählt, in Nordrhein-Westfalen am 13. September. Es sind die Bundesländer mit den meisten Einwohnern. Hier wird sich die Stimmung von mehr als einem Drittel der deutschen Bevölkerung zeigen. Deshalb haben die Wahlergebnisse auch über die beiden Bundesländer hinaus Bedeutung. Bei den Kommunalwahlen 2020 werden nicht weniger als die Machtverhältnisse zwischen SPD und CDU beziehungsweise CSU verhandelt. Und auch der Stellenwert von Grünen und AfD wird Aufschluss über die Stimmung in ganz Deutschland geben. Dazu kommt die Wahl des Hamburger Senats, die bereits am 23. Februar stattfindet. Hier wird sich entscheiden, wer in der Metropole die Wähler hinter sich vereinen kann – Die altbewährte SPD oder die wachsenden und aufstrebenden Grünen.

Die Auswirkungen der Kommunalwahlen 2020 auf die Parteienlandschaft

Die Kommunalwahlen 2020 werden nicht nur die Machtverhältnisse zwischen den Parteien zeigen, sondern voraussichtlich direkte Auswirkungen auf die Wahl des CDU-Kanzlerkandidaten haben. Die Kanzlerkandidatenfrage soll auf dem CDU-Parteitag im Herbst entschieden werden. Rund 30 Prozent der Delegierten dort stammen aus Nordrhein-Westfalen. Besonders die mögliche Kanzlerkandidatur von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet steht und fällt mit dem Erfolg der CDU bei den Kommunalwahlen in NRW. 

Das aktuelle Kräfteverhältnis zwischen CDU und SPD wird in einigen Wahlen besonders spannend zu beobachten sein. So etwa in Dortmund: Seit Jahren ist die Stadt, wie der Großteil des Ruhrgebiets, SPD-geführt. Doch nun tritt der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, für die CDU als Oberbürgermeisterkandidat an. Seit er 2017 Opfer einer Messerattacke wurde, ist er bundesweit bekannt. Seine Chancen auf das Amt in der Ruhrgebietsmetrorole stehen gut.

Was wird bei den Kommunalwahlen 2020 gewählt?

Im Freistaat Bayern und in Nordrhein-Westfalen werden jeweils die Gemeinde- und Landkreisvertretungen gewählt – Gemeinde- oder Stadträte, sowie Land- und Kreisräte. Aber auch die Wahlen der Bürgermeister und Oberbürgermeister stehen an. In beiden Bundesländern fand die letzte Kommunalwahl 2014 statt. In Bayern liegt die Wahlperiode regulär bei sechs Jahren. In NRW wurde sie einmalig von fünf auf sechs Jahre hochgesetzt. So kann die Wahl der Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister am selben Tag stattfinden.

Die Wahlsysteme - Unterschiedlicher könnte es nicht sein

Wie werden die Parlamente in NRW gewählt?

Sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Bayern sind Gemeinde- und Stadtratswahlen als auch Kreistagswahlen Verhältniswahlen. Damit enden die Gemeinsamkeiten allerdings auch. Das Wahlsystem in NRW ist simpel: Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme mit der gleichzeitig ein Wahlbezirksbewerber und die Reserveliste der Partei oder Wählergruppe gewählt wird, für die der Wahlbezirksbewerber aufgestellt ist. In kreisfreien Städten wird dagegen nur eine Liste gewählt.

Offene Listen in Bayern - Panaschieren und Kumulieren

Anders sieht das in Bayern aus. Die Wahl der Räte ist eine Verhältniswahl mit offenen Listen. Der Wähler kann sich entscheiden die komplette Liste einer Partei oder Wählervereinigung zu wählen.  Er kann aber auch Stimmen auf Kandidaten verschiedener Listen verteilen. Das Verteilen der Stimmen auf verschiedene Listen nennt sich panaschieren. 

Die Anzahl der zu vergebenden Stimmen bemisst sich meist nach der Zahl der Mandate in der jeweiligen Vertretung. Bei den Gemeinderatswahlen haben Wähler minimal acht Stimmen, bei Gemeinden bis 1.000 Einwohnern, und maximal 80, bei über einer Million Einwohner, wie in München. Bei Kreistagswahlen hat der Wähler zwischen 50 und 70 Stimmen, je nach Größe des Landkreises. Wähler können aber einem Kandidat nicht nur eine, sondern bis maximal drei Stimmen geben. Das Vergeben mehrerer Stimmen an einen Kandidaten nennt sich kumulieren. Kumulieren und Panaschieren ermöglicht also, dass Wähler den Stadt- oder Gemeinderat, sowie den Kreistag quer durch die Parteien zusammenstellen und einzelne Kandidaten bevorzugen können. Eine Mehrheitswahl wie in NRW findet nur dann statt, wenn in einem Wahlkreis kein oder nur einen Wahlvorschlag zugelassen ist.

Die Wahl der (Ober-)Bürgermeister und Landräte

Hier wird jeweils eine Person gewählt, die Wahlzettel sind also - besonders in Bayern - deutlich überschaubarer. Die Modalitäten sehen in Bayern und NRW gleich aus: Gewählt ist, wer eine absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereint. Ist das keinem Bewerber gelungen, findet unter den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen zwei Wochen nach der eigentlichen Wahl eine Stichwahl statt. Wer hier die meisten Stimmen bekommt, kann das Amt antreten.

Streitthema: Stichwahlen in NRW

In Nordrhein-Westfalen hatten die Regierungsparteien im letzten Jahr die Stichwahl abgeschafft. Gewählt wäre demnach der Bewerber, der die meisten Stimmen auf sich vereint. Eine absolute Mehrheit wäre nicht mehr nötig. Der Verfassungsgerichtshof in Münster erklärte diese Regelung, die in NRW schon einmal von 2007 bis 2011 Gültigkeit hatte, jedoch im Dezember letzten Jahres für verfassungswidrig. Auch in NRW wird es also zu Stichwahlen kommen.

Wer ist bei den Kommunalwahlen wählbar?

Gemeinde-, Stadt- oder Kreisrat kann sowohl in Bayern als auch in NRW jede Person werden, die am Wahltag Bürger der Europäischen Union ist und mindestens 18 Jahre alt. Sie muss seit mindestens drei Monaten eine Wohnung im Wahlkreis haben, in der sie sich gewöhnlich aufhält. Zudem kann sich für die kommunalen Parlamente nur wählen lassen, wer von einer Partei oder Wählergruppe aufgestellt wird. Das gilt auch für parteilose Kandidaten. Auch sie müssen sich die Unterstützung einer Partei oder Wählergruppe sichern. 

Hauptamtlicher Bürgermeister oder Landrat kann jeder werden, der am Wahltag deutscher Staatsbürger ist und mindestens 18 Jahre alt. Auch hier ist ein Wohnsitz im Wahlkreis nötig an dem sich die Person gewöhnlich aufhält. Hauptamtliche Bürgermeister und Landräte dürfen in Bayern zu Beginn ihrer Amtszeit das 67. Lebensjahr nicht vollendet haben. Diese Regelung hat sich zur Kommunalwahl 2020 verändert. Zuvor durften Kandidaten nicht älter als 64 Jahre sein. 

Die Frage der Sperrklausel

In den bayerischen Kommunalwahlen gibt es keine Sperrklausel. Damit haben bei den Wahlen zu den Stadt- und Gemeinderäten sowie zu den Kreistagen auch kleine Parteien und Wählergruppen eine Chance.

Die Landesregierung in NRW wollte für die Kommunalwahlen eine Sperrklausel von 2,5 Prozent für Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte einführen. Gegen diese Klausel hatten allerdings mehrere kleine Parteien geklagt. Der Verfassungsgerichtshof urteilte Ende 2017, die Hürde verstoße gegen die Wahlrechtsgleichheit. Bei den Wahlen der kreisfreien Städte, von Bezirksvertretungen und für die Wahl zur Regionalversammlung Ruhr wird es die Sperrklausel trotzdem geben. Kommunalministerin Ina Scharrenbach kündigte an, nach der Kommunalwahl 2020 einen neuen Anlauf zu unternehmen, die Sperrklausel für alle Wahlen zu Kommunalparlamenten einzuführen.

Nach Urteil des Verfassungsgerichtshofs: Neuordnung der Wahlbezirke in NRW

Bei den Kommunalwahlen 2020 kommt erstmals der vom NRW-Verfassungsgerichtshof verlangte Neuzuschnitt der Wahlbezirke zum Tragen. Der Gerichtshof urteilte, die Größe der Wahlbezirke darf von der durchschnittlichen Einwohnerzahl je Bezirk nicht mehr - wie bisher - um maximal 25 Prozent nach oben oder unten abweichen. Die neue Toleranzgrenze legte der Gerichtshof bei 15 Prozent fest. Der Landeswahlleiter hat die Kommunen daraufhin aufgefordert, als Berechnungsgrundlage für die Größe der Wahlbezirke die Zahl der dort lebenden Wahlberechtigten zugrunde zu legen. Der Neuzuschnitt führt in einigen Kommunen zu erheblichen Konsequenzen für die Zusammensetzung der neuen Gemeinde- und Stadträte. In der Stadt Köln etwa betraf das nahezu alle 45 Wahlbezirke. Die Bezirke Chorweiler und Kalk verlieren dadurch in der Kommunalwahl 2020 jeweils einen Wahlbezirk, während die Stadtbezirke Rodenkirchen und Ehrenfeld jeweils einen Wahlbezirk hinzugewinnen.

Gibt es ausreichend Kandidaten für die Wahlen?

Bayerns Kommunalpolitik steht vor einem umwälzenden Generationswechsel. Über 1.000 Bürgermeister treten 2020 nicht noch einmal zur Kommunalwahl an. Der bayerische Gemeindetag geht davon aus, dass bis zu 60 Prozent neue Mandatsträger gebraucht werden. In 71 Landkreisen und 2.056 Städten und Gemeinden öffnen am 15. März die Wahllokale. Insgesamt wird über rund 40.000 politische Posten neu entschieden. Aber können überhaupt alle Posten besetzt werden?

In ganz Unterfranken sind in den letzten Wochen jede Menge Kandidaten aufgestellt worden. Probleme gibt es allerdings in der Gemeinde Breitbrunn im Landkreis Haßberge: Nachdem die amtierende Bürgermeisterin Gertrud Bühl im Alter von 70 Jahren und nach zwölf Jahren im Amt nicht noch einmal kandidieren möchte, findet sich kein Kandidat für die Bürgermeisterwahl. Ein geeigneter Kandidat musste seine Kandidatur wegen einer schweren Erkrankung zurückziehen. Seit Jahresanfang sucht die Kommune Breitbrunn daher einen neuen Bürgermeisterkandidaten.

Ähnlich sah es auch in Bach an der Donau im Landkreis Regensburg aus. Vor zwei Jahren entschied sich der amtierende Bürgermeister Josef Peutler nach drei Amtszeiten als ehrenamtlicher Bürgermeister nicht noch einmal zur Wahl anzutreten. Zwei Jahre lang musste er nach einem Nachfolger suchen. Nun gibt es in Bach an der Donau einen Kandidaten für die Kommunalwahl 2020. Einen Gegenkandidaten wird es allerdings nicht geben.  

Teilweise griffen die Kommunen zu ungewöhnlichen Mitteln, um Kandidaten zu finden. In Dinkelsbühl etwa suchte die Opposition wegen Bewerbermangels Anfang des Jahres mit Stellenanzeigen nach einem Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters. Und auch in Würzburg schaltete die CSU eine Stellenanzeige. In Dietramszell südlich von München suchten die Grünen einen Kandidaten per Steckbrief.

Welchen Einfluss haben Anfeindungen und Bedrohungen der Amtsträger?

Anfeindungen, Hass und Angriffe gegenüber Amtsträgern haben in den letzten Jahren in besorgniserregendem Maße zugenommen. Viele Amtsträger sind geängstigt, engagierte Bürger schrecken davor zurück, sich für ein kommunalpolitisches Amt zu bewerben. Deshalb will das Land NRW vor der Kommunalwahl 2020 eine „Respekt-Kampagne“ starten. Videoaufnahmen mit Bürgermeistern verschiedener Parteien sind dazu in Arbeit. Die Kampagne solle bis zum Mai starten.

Was verdienen Bürgermeister in Bayern und NRW?

Die Entlohnung beziehungsweise Entschädigung der Bürgermeister ist ein wichtiger Faktor für die Attraktivität des zeitaufwändigen und verantwortungsvollen Amtes. Sie ist nicht nur von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Die Bezahlung hängt auch davon ab, ob sich die einzelne Kommune einen hauptamtlichen Bürgermeister leisten kann und will. 

Ein hauptamtlicher Bürgermeister ist Beamter auf Zeit und erhält somit einen Beamtensold. In welche Besoldungsgruppe er fällt, richtet sich nach Größe und Art der Kommune und ist in Bayern über das Gesetz über kommunale Wahlbeamte geregelt. Sie liegen in den Besoldungsgruppen A13 bis B11. In Besoldungsgruppe A13 liegt das monatliche Bruttogehalt bei 4.250 Euro. Die stehen hauptamtlichen Bürgermeistern in Kommunen mit weniger als 2.000 Einwohnern zu. Die Besoldungsgruppe B11 erhält der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München. Damit liegt sein Gehalt bei 13.744 Euro monatlich. Hauptamtliche Oberbürgermeister einer kreisfreien Gemeinde von bis zu 30.000 Einwohnern erhalten mindestens 8.539 Euro im Monat. Über das Gehalt hinaus steht hauptamtlichen Bürgermeistern für durch das Amt bedingte Mehraufwendungen in der Lebensführung eine Dienstaufwandsentschädigung zu. Auch diese richtet sich nach der Größe der Kommune.

In Nordrhein-Westfalen beginnen die Gehälter der Bürgermeister bei Besoldungsgruppe B2. Die erhalten Bürgermeister in Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern. Das bedeutet ein Gehalt von 7.400 Euro brutto im Monat. Bei einer Kommune mit 100.000 bis 150.000 Einwohnern bekommt ein Bürgermeister nach Besoldungsgruppe B8 mehr als 10.200 Euro. Bürgermeister von Städten mit über 500.000 Einwohnern erhalten nach Besoldungsgruppe B11 rund 13.200 Euro. Dazu kommt eine Aufwandsentschädigung von 220 bis 430 Euro.

Laut Landesamt für Statistik sind jedoch 891 der 2.056 Bürgermeister in Bayern ehrenamtlich in ihrem Amt. Als Ehrenamtliche erhalten sie kein Gehalt, ihnen steht jedoch eine Entschädigung zu. Diese liegt in Bayern zwischen 1.500 und 5.000 Euro. Kleine Kommunen können es sich häufig nicht leisten einen hauptberuflichen Bürgermeister zu bezahlen. Da es immer weniger Anwärter für das Amt gibt, entscheiden sich trotzdem immer mehr kleine Kommunen dazu ihre Bürgermeister von Ehrenamtlichen zu Hauptamtlichen zu machen. Im Landkreis Erding etwa gab es in der zu Ende gehenden Amtsperiode noch etwa gleich viele Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Ab Mai werden dort 16 von 26 Bürgermeistern hauptamtlich tätig sein.

Was hat sich seit der Kommunalwahlen 2014 verändert?

Die Wahllisten, besonders in Bayern, sind deutlich umfangreicher geworden. Das liegt daran, dass immer mehr Parteien und Wählerlisten an den Kommunalwahlen teilnehmen. Zum einen ist zu den Parteien in vielen Kommunen die AfD hinzugekommen. Sie trat bei den Kommunalwahlen 2014 noch nicht an, rechnet sich in diesem Jahr allerdings Erfolgschancen aus und hat in vielen Kommunen Listen aufgestellt. Auch die parteiunabhängigen Listen sind mehr geworden. Vor 20 Jahren hieß parteiunabhängig auf kommunaler Ebene, dass man zu den Freien Wählern gehörte. Das ist in Bayern heute nicht mehr so. Die bayerischen Freien Wähler sind unter ihrem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Ministerpräsident des Landes, Hubert Aiwanger, zu einer politischen Partei im liberal-konservativen Spektrum geworden. Parteilose Kandidaten müssen also ihre eigenen Gruppierungen gründen. In Würzburg gibt es etwa das „Bürgerforum Würzburg“ und in Augsburg die Gruppe „Wir sind Augsburg“. Diese unterscheiden sich noch einmal deutlich von den monothematischen Gruppierungen, die sich um Themen wie Klimaschutz oder Migration bilden. In mehr als zwei Dritteln der rund 2.000 bayerischen Kommunen gibt es mindestens eine lokale Liste jenseits der Freien Wähler.

Pleiten, Pech und Pannen

Auch im Wahlkampf für die Kommunalwahlen 2020 ist es wieder zu Skandalen gekommen, die deutschlandweit mediale Aufmerksamkeit bekommen haben. Die größte Aufmerksamkeit bekam dabei die CSU im schwäbischen Wallerstein, Kreis Donau-Ries. Protest der Parteibasis hatte dort dafür gesorgt, dass der muslimische CSU-Bürgermeisterkandidat Sener Sahin seine Kandidatur niederlegte. Kritik kam nicht nur aus Bevölkerung, Presse und anderen Parteien. Auch Bundes- und Landespolitiker der CSU, wie etwa Markus Söder, hatten das Vorgehen im Ortsverband kritisiert. 

Ebenfalls viel Kritik bekam die Wahlkampagne der Jungen Union in Mettenheim. Das sexistische Wahlplakat, das einen Frauenhintern in einer engen Lederhose zeigt und dazu den Wahlslogan „Pack ma’s an“, ist mittlerweile wieder abgehängt worden.