Landkreise kommen in Sachen Arbeitslosigkeit offenbar deutlich besser durch die Krise als Großstädte, zeigt ein Vergleich
Landkreise kommen in Sachen Arbeitslosigkeit offenbar deutlich besser durch die Krise als Großstädte, zeigt ein Vergleich

Strukturwandel

Landkreise: Hier hat Corona dem Arbeitsmarkt besonders geschadet

Das Bundesinnenministerium hat Karten erstellt, die zeigen welche Auswirkungen die Corona-Krise in welchen Regionen Deutschlands auf den Arbeitsmarkt hat. Bei den Landkreisen fällt natürlich besonders auf: Touristische Regionen sind besonders betroffen. Sieht man von diesem Sondereffekt jedoch ab, ergibt sich ein deutlich anderes Bild. Sowohl beim Anstieg der Arbeitslosenzahlen als auch bei der Zahl der Menschen, die weiter in Kurzarbeit sind. Ein spannender Überblick:

Die Tendenz ist klar: Landkreise, die eher ländlich geprägt sind, hat die Corona-Krise rein arbeitsmarkttechnisch weniger getroffen als städtisch geprägte Landkreise. Am meisten betroffen sind Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit in kreisfreien Städten. Das geht aus Zahlen hervor, über die die Bild-Zeitung zuerst berichtet hat. Quelle ist der Heimatbericht des Bundesinnenministeriums. Der Bericht wurde bisher aber offiziell noch nicht vorgestellt. 

Zunächst die reinen Zahlen: Deutschlandweit ist die Arbeitslosigkeit während der Corona-Krise "nur" um 1,3 Prozent gestiegen. Hinzu kommen jedoch mehrere Millionen Menschen, die in Kurzarbeit sind. Die Kurzarbeiterquote ist in einzelnen Regionen auf über 25 Prozent gestiegen. Hier fällt auf, dass vor allem Regionen in Bayern und Baden-Württemberg die Zahl der Kurzarbeiter sehr hoch ist. Auch das Saarland und Teile von Nordrhein-Westfalen sind überdurchschnittlich betroffen. Insbesondere die mitteldeutschen Bundesländer wie Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind wenig betroffen, aber auch in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen gibt es vergleichsweise wenige Menschen, die von Kurzarbeit betroffen sind. 

Die Gründe zeigen sich besonders deutlich in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Landesweit ist auch hier die Kurzarbeiterquote unterdurchschnittlich. Die Landkreise, die direkt an den Küsten liegen, sind aber tiefrot mit Kurzarbeiterquoten von teils über 25 Prozent. Ähnlich sieht es in den Urlaubsregionen in Bayern und Baden-Württemberg aus. Allerdings ist in diesen beiden Bundesländern das Niveau insgesamt deutlich höher. Ein Grund vor allem in Baden-Württemberg: Hier leben viele Regionen von der Automobilindustrie und arbeiten bei Zulieferern, die teils keine Aufträge mehr hatten oder wegen fehlender Einzelteile nicht produzieren können. In Bayern macht der Maschinenbau besondere Probleme auf dem Arbeitsmarkt. 

Landkreise schneiden im Ranking deutlich besser ab 

Schaut man hingegen auf die reine Arbeitslosenquote in der Corona-Krise, so wird schnell klar: strukturschwache Regionen sind von der Krise deutlich weniger betroffen als Ballungszentren. Hat sich die Arbeitslosenquote im Durchschnitt in Deutschland um 1,3 Prozent erhöht, liegt die Erhöhung in vielen Landkreisen nicht einmal halb so hoch. Northeim in Niedersachsen etwa oder direkt nebenan Holzminden - die Veränderung der Arbeitslosenquote liegt hier unter 0,7 Prozent Anstieg. Regionen in Bayern wie Kitzingen, der Donau-Ries Kreis oder Straubing-Bogen melden ähnliche Zahlen. In Hessen gelten diese sehr geringen Zahlen für Landkreise wie den Vogelsbergkreis oder Hersfeld-Rotenburg. 

Auch in NRW zeigt sich, dass die eher ländlichen Regionen arbeitslosentechnisch deutlich besser durch die Krise kommen. Der Kreis Coesfeld etwa ist kaum betroffen, auch Kleve am Niederrhein hat eine Arbeitslosenquote, die um weniger als 0,7 Prozent gestiegen ist. 

Große Unterschiede zeigen sich derweil in Schleswig-Holstein: Während die Quote im Landkreis Dittmarschen kaum gestiegen ist, meldet der Nachbarkreis Schleswig-Flensburg an der Küste eine Steigerung um rund 1,5 Prozent. Östlich davon im Landkreis Rendsburg-Eckernförde gibt es hingegen wieder nur minimale Auswirkungen. 

Ganz ähnlich das Bild im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern. Direkt an der Küste im Landkreis Vorpommern-Rügen kämpfen viele Menschen zusätzlich mit Arbeitslosigkeit, der Nachbarkreis Mecklenburgische-Seenplatte kommt fast ohne Probleme auf dem Arbeitsmarkt durch die Krise. 

Das sind die besonders betroffenen Landkreise und Städte 

Die Karte des Bundesinnenministeriums zeigt einen klaren roten Hotspot bei der Zahl der zusätzlichen Arbeitslosen in NRW. Von Hagen über den Ennepe-Ruhr Kreis zieht sich die rote Farbe der Landkreise quer durch das Ruhrgebiet. Erst im Rhein-Sieg-Kreis sinken die Werte dann wieder deutlich (unter 1 Prozent Anstieg). Zweiter Hotspot bei der Zahl der Arbeitslosen (immer im Vergleich Anstieg gegenüber der Zeit vor Corona) ist der Süden Baden-Württembergs. Konstanz, Tuttlingen und der Schwarzwald-Baar-Kreis sind die traurigen Spitzenreiter. Bayern hat derweil bei der Zahl der zusätzlichen Arbeitslosen nur sehr wenige kleine rote Punkte (die jeweils für eine Stadt oder einen Landkreis stehen) die Landeshauptstadt München etwa ist betroffen, ebenso Nürnberg, Regensburg und Augsburg. Also jeweils nur die Städte, nicht aber die Landkreise. Hier gehört zur Wahrheit aber auch dazu, dass in Bayern eben überdurchschnittlich viele Menschen in Kurzarbeit sind. Ein Zeichen dafür, dass die Unternehmen hier wieder mit einer deutlichen Entspannung rechnen und ihre Mitarbeiter trotz Krise halten wollen. 

Strukturschwache Landkreise top, Städte flop 

In Niedersachsen zeichnet sich beim Anstieg der Arbeitslosigkeit ein ähnliches Bild. Die Region Hannover ist besonders betroffen während der strukturschwächste Landkreis in den westdeutschen Bundesländern, Lüchow-Dannenberg, nur minimale Veränderungen meldet. Regionen wie Uelzen und Gifhorn sind ebenfalls nur wenig betroffen. 

Die ostdeutschen Länder - die allerdings seit vielen Jahren unterm Strich immer höhere Arbeitslosenzahlen haben als die "alten Bundesländer" kommen vergleichsweise gut durch die Krise. Hotspot ist ausschließlich Berlin mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote von mehr als 1,5 Prozent. Schon im sogenannten Speckgürtel, also etwa den Landkreisen Barnim, Havelland und Oberhavel ist der Anstieg mit im Schnitt 0,7 Prozent nur noch halb so hoch. Berlinferne Regionen wie Spree-Neiße oder Oberspreewald-Lausitz melden minimale Veränderungen. Das wird weiter südlich in Sachsen-Anhalt noch deutlicher. Vom Jerichower Land bis zum Salzlandkreis gibt es bei der Zahl der Arbeitslosen wenig Veränderung, etwas stärker wird das wieder in Sachsen. Auch hier betrifft es aber eher die Städte wie Leipzig oder Dresden.