Die Stadt Tübingen hat vor Gericht gegen Mc Donalds gewonnen - es ging um die Verpackungssteuer
Die Stadt Tübingen hat vor Gericht gegen Mc Donalds gewonnen - es ging um die Verpackungssteuer
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Grundsatzentscheidung

Urteil: Kommunen dürfen Verpackungssteuer erheben

Im Kern des Rechtsstreits ging es um die Frage, welche Steuern eine Kommune in Eigenregie erheben darf. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat dazu nun geurteilt und die Rechte und Möglichkeiten der Kommunen gestärkt. Demnach ist eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen als lokale Steuer erlaubt.

Die Stadt Tübingen darf eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen erheben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Zwar muss die Stadt eine bisherige Regel ändern, im Grundsatz gab das Gericht der Stadt jedoch recht. Es ging um den Streit zwischen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und eine Mc Donalds Filiale in seiner Stadt. Die Inhaberin der Fast-Food Filiale hatte geklagt, weil ihr die Abgaben der Stadt zu teuer waren. Eine Satzung der Stadt sieht nämlich seit dem Jahr 2022 eine Steuer. von 50 Cent pro Wegerf-Becher oder Pappschachtel vor, maximal 1,50 Euro pro Mahlzeit. Die Verpackungssteuer machte damals deutschlandweit Schlagzeilen. 

Das Verwaltungsgericht hielt die Verpackungssteuer zunächst für unrechtmässig...

Die Inhaberin des Restaurants zog direkt nach Einführung vor Gericht und gewann vor dem Verwaltungsgericht in Mannheim auch. Das urteilte nämlich, dass der Stadt die Kompetenz für die Einführung der Verpackungssteuer fehle. Es handele sich nicht um eine örtliche Steuer, die Kommunen erheben dürfen. Denn, so das Gericht damals, von der Steuer seien auch "to go" Verpackungen erfasst, also eine Steuer auf Verpackung für Getränke oder Essen zum Mitnehmen. Bei denen sei nicht gewährleistet, dass sie im Stadtgebiet bleiben. Somit handele es sich nicht mehr um eine kommunale Steuer. Zudem meinte das Verwaltungsgericht Mannheim, die Tübinger Steuer stehe im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Das schließe zusätzliche Regelungen einzelner Kommunen aus. 

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verpackungssteuer für rechtmässig befunden 

Mit dem damaligen Urteil gab sich Oberbürgermeister Boris Palmer nicht zufrieden. Er zog vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das hat am Mittwoch, 24. Mai ein Grundsatzurteil zur Verpackungssteuer gefällt. Noch liegt die schriftliche Begründung des Gerichts nicht vor, in einer Pressemitteilung erläutert die Behörde aber bereits die Grundzüge des Urteils. Und das fällt eindeutig aus. Wörtlich heißt es: 

"Entgegen der Ansicht der Vorinstanz handelt es sich bei der Verpackungssteuer um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinn des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, für deren Einführung die Stadt Tübingen zuständig war. Bei den zum unmittelbaren Verzehr, sei es an Ort und Stelle oder als "take-away", verkauften Speisen und Getränken ist der Steuertatbestand so begrenzt, dass ihr Konsum – und damit der Verbrauch der zugehörigen Verpackungen – bei typisierender Betrachtung innerhalb des Gemeindegebiets stattfindet. Damit ist der örtliche Charakter der Steuer hinreichend gewahrt.

Die kommunale Verpackungssteuer steht als Lenkungssteuer auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie bezweckt die Vermeidung von Verpackungsabfall im Stadtgebiet und verfolgt damit auf lokaler Ebene kein gegenläufiges, sondern dasselbe Ziel wie der Unions- und der Bundesgesetzgeber."

Vereinfacht gesagt ist das Bundesverwaltungsgericht also der Ansicht, dass die Verpackungssteuer einen klaren Zweck, nämlich die Abfallvermeidung, hat und damit das selbe Ziel verfolgt wie der Bundesgesetzgeber. Und dass kommunale Steuern, die Einwegverpackungen verteuern, auch nicht durch bundesrechtliche Vorgaben zum Abfallgesetz ausgeschlossen sind.

Zwei Details der Satzung zur Verpackungssteuer der Stadt war aber fehlerhaft 

Die Stadt Tübingen muss ihre Satzung zur Verpackungssteuer dennoch leicht verändern. Denn an zwei Punkten gab das Gericht der Klägerin des Fastfood-Restaurants recht. Zum einen erweise sich die zu unbestimmte Obergrenze der Besteuerung von 1,50 Euro pro "Einzelmahlzeit" (§4 Absatz 2 der Tübinger Satzung) als rechtswidrig. Denn so würden Kunden, die für mehrere Personen bestellen, gegenüber Einzelkunden bevorteilt. 

Zum anderen moniert das Gericht den §8 der Satzung der Stadt Tübingen, wonach die Stadtverwaltung ohne zeitliche Begrenzung ein Betretungsrecht im Rahmen der Steueraufsicht hat. Wörtlich schreibt das Gericht jedoch: "Diese punktuellen Verstöße lassen jedoch die Rechtmässigkeit der Satzung im Übrigen unberührt".

Was die Verpackungssteuer bisher gebracht hat 

Die Satzung in Tübingen ist seit über einem Jahr in Kraft. Noch ist aber unklar, wie der Nutzen ist. Oberbürgermeister Boris Palmer hält sie trotz fehlender genauer Zahlen für einen Erfolg. Dem SWR sagte er, es gebe seither viel mehr Nachfrage nach Mehrweggeschirr in der Stadt, weil zum Einen Geschäfte von sich auch Mehrweg anbieten würden und weil auf der anderen Seite die Nachfrage der Kunden nach Mehrwegverpackungen seit Einführung der Steuer gestiegen sei, weil die Kunden Steuern sparen wollten. 

Gleichzeitig spricht die Stadt allein durch die Mc Donalds Filiale von Steuereinnahmen von etwa 200.000 Euro im Jahr. Die Betreiberin des Mc Donalds Geschäfts geht hingegen von rund 870.000 Euro allein für das vergangene Jahr aus. In der Tat sei inzwischen der Mehrweganteil aber gestiegen, so dass die Filiale für dieses Jahr mit einer zusätzlichen Steuer von 670.000 Euro rechnet. 

Zahlen müssen neben der Mc Donalds Filiale in Tübingen rund 440 Betriebe in der Stadt. Von Imbissen über Metzgereien bis hin zu Restaurants. In der Regel geben die Betriebe die Mehrkosten an die Kunden weiter.

Diskussion um Verpackungssteuer hat begonnen 

Die Reaktionen auf das Urteil sind sehr unterschiedlich, zeigen aber, dass nun wohl zahlreiche weitere Kommunen Interesse an einer Einführung haben könnten. 

Zufrieden zeigt sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund: „Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu begrüßen," sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Die Entsorgungskosten durch die zahlreichen Einwegverpackungen seien in den letzten Jahren stark gestiegen. Und die Sammlung und Reinigung öffentlicher Straßen und Parks von Einwegplastik koste die Kommunen und damit im Ergebnis die Steuerzahler jährlich fast 500 Millionen Euro. 

Unzufrieden äußert sich der Bundesverband der Systemgastronomie: „Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist für unsere Branche bedauernswert.“ Laut Verbandssprecherin ein „bundesweiter Flickenteppich“ und „massive Wettbewerbsverzerrung“ – denn jede Gemeinde könnte die neue Steuer für sich selbst festlegen.

Mehrweg ist für die Umwelt aber nicht automatisch besser 

Papp- oder Mehrwegbecher? Die Forschung ist sich da nicht so einig. Eine Studie des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung im Auftrag des Bundesumweltamts besagt: Wer durch Mehrwegverpackungen der Umwelt Gutes tun will, muss den Mehrwegbecher sehr sehr häufig nutzen. Konkret lohne sich ein Mehrwegbecher aus Plastik erst ab "50 Umläufen". Porzellan-Becher lohnen sich demnach wegen der energieintensiven Herstellung sogar erst ab 1000 Nutzungen. 

Das war das Urteil aus der Vorinstanz