Bürgermeister Ferdinand Truffner (links) mit Trompete und Band
Bürgermeister Ferdinand Truffner mit Band und Trompete
© Privat

Empfingen

Bürgermeister über Youtube-Video gefunden

Ferdinand Truffner spielt Trompete, ist auch Technofan- und setzt auf Digitales. Die Gemeinde fand ihn über ein Youtube-Video. Ein Besuch beim Bürgermeister in Empfingen.

Einmal im Jahr donnern in Empfingen die Bässe. Auf gut zwei Kilometern fahren die Trucks der Beatparade durch den Ort, von einem Ende zum anderen. Und die Raver tanzen und feiern, „so wie damals bei der Loveparade“, sagt Ferdinand Truffner. Der Bürgermeister von Empfingen ist dann selbstverständlich mit dabei und tanzt aus vollem Herzen mit. Doch Ferdinand Truffner ist nicht nur Technofan: Der CDU-Politiker spielt auch die Trompete in der Stadtkapelle von Rottenburg am Neckar. In Empfingen könnte er nicht ohne Weiteres in einem Musikverein aktiv sein - „wir haben hier ja schließlich drei Musikvereine und wenn ich in einem Mitglied wäre, wären die anderen sicher beleidigt“, sagt Truffner. „Aber die wissen: Wenn sie mal einen Trompeter brauchen, der vielleicht auch was kann...“

Empfingen sucht Bürgermeister über Youtube

Als Empfingen vor vier Jahren einen neuen Bürgermeister suchte, sorgte das 4.000 Einwohner starke Kleinzentrum, dessen Einwohner bis heute von sich sagen, nicht zu Baden oder zu Württemberg, sondern zu Hohenzollern zu gehören, bundesweit für Aufsehen. Mit einem Transparent an der Autobahn A 81 wurde nach einer Kandidatin oder einem Kandidaten gesucht, dazu gab es ein Youtube-Video. „Der Amtsinhaber war über 30 Jahre Bürgermeister, da wollte man besonders gründlich suchen“, sagt Truffner. 13 Kandidaten bewarben sich damals, „sogar eine Hausfrau aus Wuppertal.“  Truffner freilich hatte von Anfang an gute Chancen: Der studierte Verwaltungsfachmann war zuvor hauptamtlicher Ortsvorsteher in Nabern, Teilort von Kirchheim unter Teck, noch dazu stammt er aus der Gegend von Empfingen. „In Baden hätte ich mich nie beworben“, sagt Truffner. Mit über 83 Prozent der Stimmen wurde er damals gewählt – und machte sich an die Modernisierung der Kommune.

Ein guter Bürgermeister muss viel lachen können.“

Ferdinand Truffner, Bürgermeister von Empfingen

„Mein Amtsvorgänger hat bis zum Schluss keine e-Mails geschrieben“, sagt Truffner. Der neue Bürgermeister hingegen startete einen Youtube-Kanal – „Empfi-TV“: Regelmäßig erklärt Truffner den Bürgern der Gemeinde, welche Beschlüsse der Gemeinderat gerade gefasst hat. „Wenn wir ein größeres Thema haben, mache ich das Video vorher, bereite es vor, und wenn der Gemeinderat dem Beschluss zugestimmt hat, ist es am nächsten Tag um 8 Uhr online“, sagt Truffner. „Ich setze damit die Themen im Ort vor einer Presseberichterstattung.“ Was freilich wohl nur funktionieren dürfte, weil es in Empfingen keine Parteien im Gemeinderat gibt und die Arbeit dort stärker an der Sache orientiert stattfindet, als anderswo: Truffner ist der einzige mit einem Parteibuch, alle übrigen Mitglieder des Gremiums sind auf unabhängigen Wahllisten gewählt worden. „Im Gemeinderat wird auch gestritten, aber am Ende eint uns alle das Interesse an der Sache“, sagt Truffner. Es sei – verglichen mit den Nachbargemeinden – ein großer Vorteil, dass es im Gemeinderat keine Fraktionen gebe: „Gestritten wird über die Sache und nicht darüber dass einem eine Nase nicht passt.“

Truffner führt Empfi-App ein

Eingeführt hat Truffner auch die „Empfi-App“: Eine digitale App der Gemeindeverwaltung. Einen digitalen Ortsrundgang gibt es dort, vor allem aber finden die Bürger dort die Apothekenotdienste, den örtlichen Abfallkalender, Veranstaltungshinweise und Gottesdienstzeiten. Dazu gibt es eine Funktion, mit der Bürger Probleme in der Gemeinde an das Rathaus melden können, etwa einen Schaden am Gehweg oder einen umgestürzten Baum. Und: Truffner kann bei Bedarf seinen Bürgern eine Push-Nachricht aufs Handy schicken. Etwa, wenn in der Kommune ein Impftag gegen das Coronavirus stattfindet. Oder wenn der Bürgermeister im Katastrophenfall direkt mit den Bürgern kommunizieren muss, natürlich immer vorausgesetzt, dass die Handys noch genügend Strom haben. „Damit bin ich schneller als mit einem Mitteilungsblatt, in dem dann auch irgendwann mal die neue Coronaverordnung des Landes steht“, sagt Truffner über die App, für die seine Gemeinde auch einen finanziellen Zuschuss des baden-württembergischen Innenministeriums erhielt.

Millionen Euro-Spende in Kommune

Ein Vorteil der Kommune Empfingen sind indes auch die engagierten, mittelständischen Familienunternehmer: Ein Inhaber einer Ölmühle spendete kürzlich eine Million Euro für den Neubau einer Aussegnungshalle auf dem Friedhof, ein anderer schuf schon zu D-Mark-Zeiten eine eine-Million-Mark-schwere Stiftung zu Gunsten des Ortes. „Den Menschen hier ist das Engagement für ihre Heimat wichtig“, sagt Ferdinand Truffner. Umgekehrt bemüht sich die Gemeinde aber auch um Menschen aus Empfingen: Wenn die Gemeinde Bauland verkauft, geht das aufgrund des kontingentierten Baugrunds meist nur an Familien aus Empfingen oder an Menschen, die dort bereits seit einigen Jahren arbeiten oder sich engagieren. Und natürlich hat auch ein Bürgermeister wie Ferdinand Truffner noch Visionen für seine Kommune: Die seit den 70er Jahren geplante Ortsumgehung soll endlich ebenso wie ein interkommunales Gewerbegebiet Realität werden, sagt der Bürgermeister und verweist darauf, dass es in Empfingen nicht etwa eine Bürgerinitiative gegen, sondern für die Umgehungsstraße gibt. „Außerdem hätte ich die Vision, dass Empfingen zusammen mit anderen Kommunen Teil einer Landesgartenschau wird“, sagt Truffner.

Aufstrebendes Kleinzentrum

Bis dahin aber wird er weiter mit viel Humor die Geschicke des „aufstrebenden Kleinzentrums“, wie sich Empfingen auf seiner Website nennt, organisieren. Denn das macht aus Sicht von Truffner einen guten Bürgermeister aus: „Man muss viel lachen können“, sagt Ferdinand Truffner. „Den Spass bei der Arbeit darf man nicht verlieren: Wenn man verbohrt oder auf Schwäbisch „grädig“ ist, dann strahlt das aus – auf die Mitarbeiter, auf die tägliche Arbeit und am Ende auch darauf, wie die eigene Politik bei den Bürgern ankommt.