Finanznot: Laptop und Rechner
Immer mehr Aufgaben, nicht genügend Geld. Die Kommunen sehen sich am Anschlag.
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Haushaltsmisere

Finanznot: 9 Forderungen von Bürgermeistern

Einem Landrat und allen zehn Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen im Landkreis reicht es. Was sie an Veränderungen in der Finanzierung verlangen - ein Positionspapier mit 9 konkreten Forderungen.

Die Kommunen beklagen immer höhere Kosten und unnötige bürokratische Hürden. Der Landrat des Landkreises Paderborn, Christoph Rüther, schlägt jetzt angesichts der Haushaltssituation Alarm.  „Die Kosten für den Kreis Paderborn sind in den vergangenen Jahren eklatant gestiegen. Die Kommunen sind durch die Kreisumlage enorm betroffen", so der Landrat. Zusammen mit zehn Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen hat der Kommunalpolitiker jetzt die Initiative ergriffen. Sie übergaben der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Ina Scharrenbach, ein Positionspapier mit neun konkreten Forderungen.

Finanziell gebeutelt - Kommunen in Not:

"Unsere kommunale Familie muss entlastet werden“, macht Landrat Christoph Rüther deutlich. Der Kreis Paderborn sei gesetzlich zu vielen Zahlungen verpflichtet. Die Kreisumlage lag im Jahr 2018 bei 168,12 Millionen Euro, 2024 beträgt sie 225,39 Millionen Euro. Und die Kosten steigen und steigen: Als Beispiel nennt der Landrat die Landschaftsumlage. Sie habe sich in den vergangenen 13 Jahren mehr als verdoppelt - von 52 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 111,4 Millionen Euro im Jahr 2024. Ein Kostentreiber sei die Eingliederungshilfe. Dafür zuständig seien in der Regel die Landschaftsverbände, Kreis und Kommunen würden jedoch an den Kosten beteiligt. Zuschussleistungen belasteten die Kreiskasse enorm. Größte Kostentreiber: das Sozialwesen, der Jugendbereich und die Finanzierung des Personals.

Wo die Kosten besonders steigen

Die stark gestiegenen Kosten im Jugendbereich kommen laut der Kommunen unter anderem durch die Erhöhung der Standards bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zustande. Die Träger der Eingliederungshilfe seien verpflichtet worden, neue Leistungsverträge mit höheren Standards abzuschließen, die mehr kosten. Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz treibe die Kosten nach oben: durch die dynamisierte Kindspauschale und die stetig steigende Zahl an Kita-Plätzen.

Die Entwicklung der Schlüsselzuweisungen durch das Land stünden dazu in einem konträren Verhältnis, kritisieren Landrat und Bürgermeister.  Auf den Punkt gebracht: Immer mehr Aufgaben und steigende Kosten der Kommunen werden nicht durch eine bessere Förderung kompensiert.

Bürgermeister-Sprecher: Land soll Eingliederungshilfe selbst tragen

Der Sprecher der Bürgermeister im Landkreis Paderborn, Michael Berens, fordert: „Das Land NRW ist nun aufgefordert, konkrete Maßnahmen zu entwickeln, um uns Kommunen entgegenzukommen. Dazu gehört insbesondere überörtliche Leistungen wie die Eingliederungshilfe selbst zu tragen und nicht auf die Gemeinden abzuwälzen. Bayern könnte hier ein Vorbild sein.“  Er sagt: „Die Kommunen im Kreis Paderborn tun alles dafür, finanziell gut dazustehen. Uns wird das Leben allerdings durch bürokratische Hürden und Aushöhlung des Selbstverwaltungsrechts schwer gemacht.“

Das sind die neun Forderungen des Landrats und der Bürgermeister:

1.  Die Eingliederungshilfe soll durch Land und Bund angemessen finanziert werden, die Kosten sollen dort verortet werden.

2. Bund und Land sollen die Kommunen bei der Unterbringung und Betreuung der im Landkreis lebenden Flüchtlinge weitaus stärker unterstützen. Die Bundesmittel sollen zu 100 Prozent an die Kreise, Städte und Gemeinden weitergeleitet werden.

3. Die Instrumente des Bürgergeldes sollen überarbeitet werden. Einsparungen beim Bürgergeld lassen sich nur erzielen, wenn die Jobcenter ausreichend Mittel für die Vermittlung in den Arbeitsmarkt erhalten. Und: Arbeit soll sich wieder lohnen und Leistung einen Wert haben.

4. Das Gemeindefinanzierungsgesetz in NRW soll angepasst werden. Darin aufgenommen werden  soll ein Ansatz für erneuerbare Energien, um einen Ausgleich für die höheren finanziellen Belastungen in der Region zu erhalten. Ein Pauschalbetrag von 10.000 Euro je erzeugter Gigawattstunde wird vorgeschlagen. Und: Der Verbundsatz im Gesetz soll deutlich angehoben werden.

5.  Das Bundesgesetz zur Offenen Ganztagsschule wird vom Land finanziell bis zu den Kommunen durchgereicht. Das Konnexitätsprinzip muss eingehalten werden.

6. Das Land soll dafür sorgen, dass die Pflegekosten finanzierbar sind. Die Pflegebedürftigen sind oft nicht mehr in der Lage, sie selbst zu tragen und stellen daher immer häufiger Antrag auf Sozialhilfe beim Landkreis. Die Kosten dafür steigen von rund 9 Millionen Euro im Jahr 2022 auf 11 Millionen Euro im Jahr 2023. Für das laufende Jahr werden Kosten von knapp 14 Millionen Euro erwartet.

7. Bei der Kinderbetreuung (Kita und Tagespflege) soll der kommunale Anteil verringert werden.

8. Die hohen gesetzlichen Standards und ständigen Leistungsausweitungen müssen gesenkt werden. Durch den Fachkräftemangel sind sie nicht mehr durchzuhalten.

9. Kommunen sollen Pauschalen erhalten, statt kleingliedriger Förderungen. Die kommunale Selbstverwaltung muss gestärkt werden.

Das Positionspapier zum Herunterladen als PDF: