Finanzen
Kommunen als Gewinner der Inflation?
Inflation und Bautätigkeit - wenn das Projekt nicht realisiert werden kann
Auf der Habenseite der Kommunen kann sich zudem positiv auswirken, dass vor allem die Bautätigkeit nachlässt. Zahlreiche geplante Projekte etwa der Wohnungsbaugenossenschaften können in diesem Jahr und absehbar auch im nächsten Jahr nicht umgesetzt werden. Nicht etwa wegen fehlendem Geld, sondern weil es an Handwerkern und Baumaterial mangelt. Hier von Kommunen eingeplante Gelder insbesondere für Neubauten werden frei.
Genau an dieser Stelle endet aber dann auch die Menge der freudigen Nachrichten. Denn im Gegenzug heißt das, dass nötige Bauprojekte erheblich teurer werden. Ist das Dach der Sporthalle löchrig, duldet das keinen Aufschub in der Hoffnung auf wieder sinkende Baupreise. Kommunen müssen also „in den sauren Apfel“ beißen und die Maßnahmen zu praktisch jedem Preis akzeptieren. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist zudem der Staat angehalten, antizyklisch zu handeln, sprich: Investitionen anzustoßen im öffentlichen Sektor. Auch davon könnten Kommunen durch höhere Fördermittel von Bund, Ländern und EU profitieren. Sicher ist das aktuell aber nicht.
Zinsen sind nicht das größte Problem der meisten Kommunen
Weniger Sorgen als allgemein oft vermutet müssen sich die Kommunen durch die wieder gestiegenen Zinsen machen. Im Jahr 2020 entfielen nur 0,8 Prozent der kommunalen Ausgaben auf Zinsausgaben. Die Mehrheit der Kommunen konnte im Vorkrisenzeitraum ihre Schulden reduzieren und ist heute besser gerüstet. Sie verkraften es zumindest, auch bei höheren Zinsen weiter auf die Kreditfinanzierung bauen zu können. Und insgesamt ist die Verschuldung der Kommunen geringer als die von Bund und Ländern.
Entwarnung gibt es deshalb aber nicht. Zwar hatte im Jahr 2021 der Gesamthaushalt der Kommunen in den Flächenländern mit einem Überschuss von rund 3 Milliarden Euro abgeschlossen. Aber die Städte, Gemeinden und Kreise sind nun an anderer Stelle Preiseffekten ausgesetzt, die ihnen das Leben weiter schwer machen. Allen voran sind da der aufgelaufene Investitionsrückstand sowie die Mega-Herausforderungen Digitalisierung und Klimaschutz. Baupreisentwicklung, enorm steigende Energiepreise und der zunehmende Wettbewerb um Fachkräfte tun ihr Übriges. Die bisherigen Dividenden aus kommunalen Energiebetrieben könnten ebenso wegfallen. Vor allem aber wird es eine Umverteilung geben. Kommunen mit guter Ausgangslage, etwa geringer Arbeitslosigkeit, werden die zu befürchtenden erheblichen Mehrkosten bei den Sozialkosten besser verkraften als Kommunen mit vielen Bürgergeldempfängern. Die Schere zwischen armen und reichen Kommunen droht also weiter anzuwachsen.
Das Ergebnis: Die Inflation ist schlecht für die Kommunen
Im Ergebnis sind daher über alle Kommunen hinweg bis zum Jahr 2025 auch keine schwarzen Zahlen in Sicht. Für das laufende Jahr rechnen die kommunalen Spitzenverbände mit einem Minus von 5,8 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr dürfte sich der Verlust auf 5,3 Milliarden etwas verringern. Besser sind die Prognosen für das Jahr 2024, wo das Defizit auf 3,9 Milliarden Euro sinken dürfte. Die positive Steuerschätzung aus dem Mai des Jahres ist aber immerhin der nächste Hoffnungsschimmer. Nur war sie zu einem großen Teil der hohen Inflation geschuldet und berücksichtigt nicht das vorgesehene Bündel an Steuererleichterungen, die sich natürlich wieder mindernd auf die Kommunalhaushalte auswirken. Weshalb die Verbände nun direkte Hilfen für Projekte etwa im Klimaschutz fordern, neue Förderpakete könnten also Milderung verschaffen. Alles in allem rechnen die Spitzenverbände daher in diesem Jahr mit einem Anstieg der Investitionen der Kommunen in Höhe von acht Prozent. Für die kommenden Jahre dürften die Zuwächse bei den Investitionen aber deutlich niedriger ausfallen.
