
Praxisbeispiel Augsburg
Was macht ein ehrenamtlicher Digitalrat?
Fabian Ziegler ist gerade in den Bergen unterwegs, als ihn die Anfrage von KOMMUNAL erreicht. Er war im Gründungsteams des ehrenamtlichen Digitalrats im bayerischen Augsburg. Für die zweite Amtszeit wählten ihn die Mitglieder kürzlich zum 1. Vorsitzenden. Zeit für ein Gespräch nimmt er sich trotzdem. Der ehrenamtliche Digitalrat ist für ihn ein Herzensprojekt.
Dass er sich für weitere drei Jahre für seine Stadt engagiert und das Thema Digitalisierung vorantreibt, war für Ziegler klar: „Nachdem wir in der ersten Legislaturperiode eine gemeinsame digitale Agenda für Augsburg entwickelt haben, geht es jetzt an die Umsetzung“, sagt Ziegler. Es gilt, die Agenda mit dem Namen „Bürger Experience“ zu verwirklichen "und einzufordern“.
Digitalrat: Gebündelte Digital-Expertise
Der Digitalrat besteht aus 18 digitalen Expertinnen und Experten von Augsburger Technologieunternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, wie KUKA oder der Universität Augsburg. Gemeinsam beraten sie den Stadtrat und die Stadtverwaltung bei sämtlichen Themen, die sich um Digitalisierung drehen: Bildung, Smart City oder die Transformation der Verwaltung. Sie wollen Impulse geben und Politik, Bildungsträger, Wirtschaft, Verwaltung und die Bürger dazu anregen, sich auszutauschen.
Viermal im Jahr treffen sich die Digitalratsmitglieder in großer Runde. Dazu kommen Arbeitskreise, in denen sie einzelne Themen vertiefen. Das könne beispielsweise Open Data sein – und welche Rolle sie in Augsburg spielen sollen. Der Arbeitskreis erarbeitet einen Vorschlag und stellt das Konzept dem Stadtrat in dem entsprechenden Ausschuss vor. „Wir sind ein beratender Beirat“, sagt Ziegler. Er spricht vom Pull- und Pushprinzip.
Konkrete Forderungen an den Stadtrat
Bislang trug der Stadtrat Themen an den Digitalrat heran, die möglicherweise digitale Aspekte beinhalten. „Mit unserer digitalen Agenda verfolgen wir nun aber das Pushprinzip“, sagt der 1. Vorsitzende. Das heißt, der Digitalrat setzt Themen und formuliert konkrete Forderungen gegenüber dem Stadtrat und politischen Akteuren, etwa was den Aufbau von digitaler Expertise im Stadtrat angeht.
Und wie wird die Arbeit des Digitalrates aufgenommen? Das Feedback vom Stadtrat sei „brutal gut“, sprudelt es aus Ziegler heraus. Der Stadtrat schätze die digitale Agenda sehr. „Die Stadtratsmitglieder setzen sich mit den Forderungen intensiv auseinander“, sagt er. Aktuell sind die Referate damit beschäftigt, die Inhalte der Agenda zu prüfen und zu bewerten. Die Fragen, die es zu beantworten gilt, lauten: Wo stehen die Referate, was den Reifegrad angeht? Und wie bewerten sie einzelne Forderungen grundsätzlich?
Sieben Handlungsfelder hat der Digitalrat ausfindig gemacht. Das Ziel: Allen Bürgerinnen und Bürgern von Augsburg nützliche, zugängliche digitale Angebote zu bieten, die Chancengleichheit fördern und die Lebensqualität erhöhen:
- Infrastruktur und digitale Daseinsvorsorge
- Digitale Stadtverwaltung
- Bildung und Teilhabe
- Förderung von digitalen Innovationen
- Digitale Partizipation
- Wirtschaft
- Mobilität
Neben dem Stadtrat arbeitet der Digitalrat mit der IT-Verwaltung der Stadt zusammen. „Hier gibt es eine große Offenheit uns gegenüber“, sagt Ziegler und spricht von einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Sie würde den Digitalbeirat als „Beschleuniger“ sehen, der Themen voranbringt, die der internen IT-Verwaltung ebenfalls wichtig seien.
Mehr Sichtbarkeit für digitale Themen
Auf der To-do-Liste des Digitalrats steht ein weiterer Punkt: Digitale Themen sichtbarer für der Augsburgerinnen und Augsburger zu machen. Zu oft sei die einhellige Meinung, die Stadt müsse sich endlich mal digitalisieren oder die Bürgerservices sollten online zugänglich sein. „Dabei sind bereits über 80 Prozent der Bürgerservices digital verfügbar“, sagt Ziegler. Dass die Menschen nicht wissen, was Augsburg digital zu bieten hat, läge an fehlenden Marketingmaßnahmen. Das zu ändern, will er in seiner Legislaturperiode im Digitalrat anpacken.
Dass in Augsburg digital einiges geht, zeigt beispielsweise die neue Online-Beteiligungsplattform – ein Projekt, das der Digitalrat mit vorangetrieben hat. Auf machmit.augsburg.de können Bürgerinnen und Bürger die Stadtentwicklung aktiv mitgestalten. 146 Projekte laden derzeit dazu ein, an Umfragen- oder Onlinediskussionen teilzunehmen. Eine Umfrage betrifft beispielsweise einen Verkehrsversuch mit provisorischen Schutzstreifen für Radler. Die Ergebnisse werden dem Stadtrat vorgelegt und in die Bewertung der Verkehrsplanung der Stadt einfließen.
Vorbild für andere Kommunen
Das Konzept des Digitalrates hält Ziegler für „unheimlich wertvoll“. Dabei schätzt er vor allem die Verquickung von Wirtschaft-Know-how mit der Politik. Im Digitalrat gibt es Mitglieder, die Unternehmen mit 500 bis 1000 Mitarbeitern führen. Die hätten eine andere Art Themen anzupacken, ist Ziegler überzeugt. „Die Vermengung der Kompetenzen von Politik und wirtschaftlichem Realismus hilft ungemein, um Traktion auf die Themen zu bekommen oder auch mal zu sagen: Wir machen das jetzt einfach“, sagt der 1. Vorsitzende.
Daher rät er auch anderen Kommunen: „Legt euch einen Digitalrat zu!“, denn ein solcher sei nicht nur Motor für die Digitalisierung, sondern auch für Organisationsveränderung und Innovationsdrang. Wer Interesse hat, das Konzept des Digitalrates zu adaptieren oder sich das Format anzuschauen, der könne sich beim Augsburger Digitalrat melden, gibt er KOMMUNAL am Ende des Gesprächs mit. „Wir teilen unser Wissen gerne.“
Zum Augsburger Digitalrat und zur
Online-Beteiligungsplattform der Stadt Augsburg