Das Amtsblatt darf nicht presseähnlich sein - und doch wurden die Möglichkeiten für Kommunen vom Gericht nun etwas weiter gefasst
Das Amtsblatt darf nicht presseähnlich sein - und doch wurden die Möglichkeiten für Kommunen vom Gericht nun etwas weiter gefasst
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Urteil des OLG

Amtsblatt und Internet-Auftritt: Erfolg für Kommunen

Der Streit um den Internetauftritt der Stadt Dortmund geht in eine weitere Runde. Es geht einmal mehr darum, was ein Amtsblatt und seine dazugehörige Internetseite einer Kommune darf und was nicht. Immerhin: Zum ersten Mal hat eine Kommune vor Gericht einen Erfolg errungen. Was Kommunen in Amtsblättern und Foren nun dürfen und was nicht:

Ein Amtsblatt darf kein journalistisches Angebot sein. Das gilt auch für die Internetseiten von Kommunen. Das hat nun auch das Oberlandesgericht Hamm noch einmal festgestellt. Und trotzdem wies es eine Klage eines Verlegers gegen die kommunale Webseite www.dortmund.de ab. Hatte in der Vorinstanz das Landgericht Dortmund dem klagenden Verleger noch Recht gegeben, wurde das Urteil nun kassiert. 

Was die Richter über Amtsblatt und Internet-Auftritt zu sagen hatten

Die Stadt musste sich dennoch einiges vom vorsitzenden Richter an Rügen anhören. Da ging es etwa um die Berichterstattung der Kommune auf ihrer Internetseite über den Fußball-Verein Borussia Dortmund. Aber auch um kulturelle Veranstaltungen. Diese seien klare Verstöße gegen die im Grundgesetz garantierte Trennung von Staat und Presse. In der mündlichen Verhandlung zählten der Richter zahlreiche solcher Unterseiten auf dem Portal der Stadt auf und rügte sie als "journalistische Texte". Genau das dürfen Kommunen nämlich wegen der Staatsferne nicht. Journalistische Berichte müssen tabu sein. 

Und doch wiesen sie die Klage des Verlegers ab. Denn eine Aussage macht vielen Kommunen Mut! Sie versuchen meist zwischen dem Interesse der Leser und der Staatsferne zu jonglieren und ein interessantes Angebot zu erstellen. "Entscheidend ist die Gesamtbetrachtung des städtischen Auftritts, nicht der einzelne Verstoß", so der Vorsitzende Richter Celso Lopez Ramos. Diese einzelnen Fälle würden im Fall der Stadt Dortmund in der Fülle der Informationen untergehen, so die Begründung des Gerichts. 

Die Einschätzung des BGH zum Thema Amtsblatt teilen die Richter aber...

In der mündlichen Verhandlung bezogen sich die Richter auch auf das Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2018 - KOMMUNAL hatte mehrfach darüber berichtet. Damals hatten viele ein "Ende der Amtsblätter" befürchtet. Denn das Urteil sagt deutlich, dass redaktionelle Beiträge nicht erlaubt sind (Urt. v. 20.12.2018, Az. I ZR 112/17). Dem Verfahren ging die Tendenz vieler Kommunen voraus, ihre Amtsblätter ein wenig aufzupeppen und von ihrem oft angestaubten Image zu befreien. In Zeiten politischen Desinteresses oder gar der Politikverdrossenheit wandern die sonst nämlich immer häufiger ungelesen in den Papiermüll, argumentierten die Kommunen damals. 

Deshalb haben viele ihren öffentlichen Bekanntmachungen eine Art redaktionellen Teil beigefügt, in dem über örtliche Ereignisse wie etwa vom Schützenfest oder dem Fußballspiel berichtet wird. Nach Klagen vor allem von Zeitungsverlegern, die darin ihre wirtschaftliche Grundlage bedroht sehen, urteilten damals mehrere Gerichte eindeutig. Solche Publikation verstoßen gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz -das Gericht sprach in Verbindung mit § 3a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) als sog. Marktverhaltensregel von einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch.

Dieses Urteil zogen auch die Richter in Dortmund nun erneut als Begründung an. Doch gleichzeitig äusserte das Gericht im konkreten Fall der Stadt Dortmund Zweifel, ob die Grenzen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit in der Gesamtbetrachtung überschritten wurden. "Bei der beträchtlichen Fülle von Informationen und der Darstellung erscheint es uns unwahrscheinlich, dass die Leute deshalb keine Zeitung mehr kaufen", so Lopez Ramos. Der kommunale Auftritt dürfe nicht wie ein Presseerzeugnis gestaltet sein. Allein der Eindruck müsse vermieden werden. "Die Kommune hat nicht die Aufgabe, die Aufgaben der Presse zu übernehmen. Und ein ausuferndes Angebot birgt immer die Gefahr, die Neutralität zu verlieren", sagte Lopez Ramos.  

Der Streit um das Amtsblatt im Netz geht weiter 

Der Verleger kündigte direkt nach der Verhandlung an, er werde in Revision gehen. Er will es in Karlsruhe überprüfen lassen. Er verwies auf ein anderes Urteil, das ebenfalls erst wenige Monate alt ist. Das Landgericht München hatte im November vergangenen Jahres entschieden, dass die Internetseite www.muenchen.de der Stadt für ein offizielles Stadtportal "zu viele Informationen" biete. Im Urteil (AZ 16274/19) heißt es: "Das Angebot des Online-Portals muenchen.de ist in seiner konkreten Ausgestaltung nicht mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsferne der Presse vereinbar und deshalb wettbewerbswidrig."

In der Begründung heißt es: Der Internetauftritt des Portals biete "eine Fülle von Informationen, die den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift - jedenfalls subjektiv - entbehrlich" mache. Für ein offizielles Stadtportal sei das zu  viel Information. Es würden "in Quantität und Qualität deutlich Themen besetzt, deretwegen Zeitungen und Zeitschriften gekauft werden." Auch im Layout gebe es zu viele Ähnlichkeiten mit Presseprodukten, etwa bei der Illustration mit Über- und Zwischenüberschriften, Bildern und Zitaten. Laut Kammer ist damit insgesamt nicht mehr erkennbar, dass das Stadtportal eine staatliche Publikation ist.