Häuser in Altstadt Wohngeld
In deutschen Städten und Gemeinden wird immer häufiger Wohngeld beantragt.
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Digitalisierung

Wohngeld: Bringt ein Roboter den Durchbruch bei den Anträgen?

In Nürnberg bearbeitet ein Roboter etwa 90 Prozent der Online-Anträge auf Wohngeld. Wie läuft das ab, wie zufrieden ist die Stadtverwaltung mit dem Einsatz der Künstlichen Intelligenz? Und wie zufrieden können die Antragsteller auf Wohngeld sein?

In Deutschland kletterte die Zahl der Wohngeldanträge in den vergangenen eineinhalb Jahren in die Höhe. Denn seit dem 1. Januar 2023 haben zwei Millionen Haushalte mit kleinen Einkommen Anspruch auf Wohngeld - dreimal so viel wie zuvor. Bis zur Reform haben rund 600.000 Haushalte Wohngeld erhalten, mit dem sogenannten „Wohngeld Plus“ können 4,5 Millionen Menschen unterstützt werden, die in den Haushalten leben. Für die Kommunen bedeutet das viel mehr Arbeit, sie müssen gleichzeitig dafür sorgen, dass die Menschen das dringend benötigte Wohngeld möglichst rasch bekommen. In der fränkischen Stadt Nürnberg sorgt seit bald eineinhalb Jahren ein Wohngeldroboter dafür, dass die Anträge möglichst schnell bearbeitet werden können.

Wohngeld: Ein Roboter als Kollege

Ein Team aus Kolleginnen und Kollegen vom Sozialamt, der städtischen IT und dem Amt für Digitalisierung und Prozessorganisation hatte sich im November 2022 auf den Weg gemacht. Es stellte ein gemeinsames Projekt auf die Beine: die Einführung eines sogenannten Roboters zur Prozessautomatisierung (englisch: Robotic Process Automation = RPA). Er wurde auf den Namen Woggybot getauft.

"Unser Bot bearbeitet im Durchschnitt rund 90 Prozent der Online-Anträge", sagt Andreas Franke, Leiter des Amts für Kommunikation in der Stadtverwaltung Nürnberg, auf Anfrage von KOMMUNAL." Die restlichen zehn Prozent müssen manuell nachbearbeitet werden, wobei der Bot in der Regel bereits Vorarbeit leistet."

Wie funktioniert der Wohngeldroboter?

Der Software-Roboter arbeitet auf der Ebene der grafischen Benutzeroberfläche und führt die gleichen Arbeitsschritte aus, wie eine Sachbearbeiterin/ein Sachbearbeiter. Der Roboter ruft zum Beispiel das E-Mail-Programm auf, liest Daten aus, überträgt sie in eine Fachsoftware, legt eine elektronische Akte an usw. Sie könnten dem Roboter auf dem Bildschirm genauso wie bei einem Menschen bei der Arbeit zuschauen. Allerdings kann ein solcher Software-Roboter nur für bestimmte, rein regelbasierte und weniger komplexe Bearbeitungsschritte eingesetzt werden. Geeignet sind beispielsweise Schnittstellentätigkeiten zur Erfassung oder Übertragung von Daten. Der Einsatz einer solchen Softwarelösung ist daher als Ergänzung und Unterstützung der Sachbearbeitung für bestimmte Arbeitsschritte zu verstehen.

Wie sieht die bisherige Bilanz aus?

"Die Einführung neuer Technologien und Systeme erfordert Zeit und Ressourcen", sagt Andreas Franke.  Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile aber überzeugt, dass die neue Technologie viele Vorteile bringt."  Die Frage nach der Zeitersparnis lasse sich nicht pauschal beantworten und sei abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. "Die Sachbearbeitung im Bereich Wohngeld ist beispielsweise relativ komplex", erläutert der Leiter des Amts für Kommunikation. I

m Durchschnitt gehen durch den Einsatz der RPA-Software von einer Zeitersparnis von rund 10 Prozent pro Wohngeldantrag aus." Daher sei der Einsatz einer Roboterlösung im konkreten Kontext Wohngeld sicherlich eine wichtige Hilfestellung, aber nur einer von mehreren Lösungsbausteinen, um die hohe Anzahl von Antragstellungen bearbeiten zu können. "Wir arbeiten daran, die RPA-Software noch weiter zu verbessern und die manuelle Nachbearbeitung auf ein Minimum zu reduzieren." Die Wohngeldbehörde Nürnberg prüfe derzeit weitere Einsatzmöglichkeiten.

Was ist mit den Wohngeldanträgen auf Papier?

Um auch bei papiergebundenen Anträgen einen Schritt weiterzukommen, arbeiten wir gerade an einer Texterkennungslösung, die auch maschinengeschriebene Anträge (PDF) zuverlässig erkennt. Für handschriftlich verfasste Anträge gibt es derzeit noch keine zuverlässige Softwarelösung, so Franke. Die Vorstellung, dass die Wartezeiten sich durch eine solche Software komplett reduzieren lassen, ist leider bislang eine Illusion: Die Auswirkungen des WohngeldPlus-Gesetzes  sind nach wie vor auch in Nürnberg spürbar und stellen eine große Herausforderung für das Sozialamt als zuständige Wohngeldbehörde dar", so Franke. "Die Effizienzgewinne durch den Einsatz des Wohngeldroboters sind durch den sprunghaften Anstieg der Anträge noch nicht in dem Maße für die Bürgerinnen und Bürger spürbar, wie das wünschenswert wäre." Je nach Fallkonstellation, Komplexität und Dringlichkeit komme es aktuell nach wie vor zu erheblichen Wartezeiten, bis über den Wohngeldantrag entschieden sei.

Wie lange dauert es, bis das Wohngeld gezahlt wird?

"In einfach gelagerte Fällen vergehen bei vollständig angereichten Anträgen mehrere Wochen bis zur Entscheidung. In den meisten Fällen ist aktuell aber mit einer Wartezeit von mehreren Monaten zu rechnen."  Im vergangenen Jahr 2023 sind in Nürnberg rund 24.000 Anträge gestellt worden. Im laufenden Jahr 2023 zeichne sich nach dem ersten Quartal ein Antragseingang auf ähnlichem Niveau ab.