Digitalisierung der Verwaltung
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Digitalisierung: die bürgerfreundliche Verwaltung

Wie werden Verwaltungen bürgerfreundlicher? Die Antwort lautet: mithilfe der Digitalisierung. Wie vielfältig digitale Projekte aussehen können, zeigen unsere Beispiele

Keine freien Termine, lange Wartezeiten, persönliches Erscheinen und komplizierte Anträge – in Deutschlands Amtsstuben scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Vielerorts fehlen digitale Services, die zeitgemäß und bürgerfreundlich sind.

Neben vielen Negativ-Beispielen beweisen einige Kommunen jedoch, dass sie auf die Erwartungen und Wünsche der Bürger eingehen können. Dafür setzen viele Städte und Gemeinden auf eine gute Homepage, also die digitale Visitenkarte. Hier können Städte und Gemeinden alle wichtigen Nachrichten veröffentlichen, Termine anbieten, sowie über Feste und Termine informieren. Dabei sollte die Internetseite jedoch nicht durch zu viel Text untergehen, sondern durch Bilder, Infografiken und Videos aufgelockert werden. Auch eine Volltextsuche sollte installiert sein.

Die Inhalte sollten auf allen Endgeräten leser- und nutzerfreundlich sein, da immer mehr Menschen auf Handy oder Tablet surfen. Dazu gehört auch, dass die User ihre Anträge von unterwegs ausfüllen können. Die Formulare sollten dabei verständlich geschrieben sein und juristische Sprache vermieden werden.

Doch: Längst beschränken sich Kommunen nicht mehr auf den Informationsfluss über Homepage, Telefon oder E-Mail.

Digitalisierung: Es gibt vielfältige Möglichkeiten, um bürgerfreundlicher zu werden!

Viele nutzen zusätzlich Messenger-Dienste, wie etwa Whatsapp. Darüber können Städte und Gemeinden relevante Informationen innerhalb weniger Sekunden auf das Handy der User senden, die im Notfall sogar Leben retten können.

Die Stadt Stuttgart beispielsweise nutzt den Messenger, um die Bürger bei einem Feinstaubalarm zu warnen. Im Notfall schickt Stuttgart Verhaltenshinweise direkt auf das Handy der Bürger.

Und die Gemeinde Saas-Fee nutzt den Messenger für die Bekanntmachung von Baugesuchen, Updates zur Müllabfuhr oder Veranstaltungshinweisen. In anderen Städten erhalten die Bürger die wichtigsten Nachrichten oder Veranstaltungshinweise direkt aufs Handy. Auch Chatbots werden immer beliebter. Die Bots antworten automatisiert auf Fragen – auch nach Feierabend, wenn kein Mitarbeiter mehr im Rathaus sitzt.

Jan Rettberg spricht über die Zukunft der Verwaltung
Jan Rettberg ist Informationsmanager in Dortmund

Sachte, sachte!

Andere Städte glänzen mit anderen Projekten:

So hat Dortmund eine Vorreiterrolle in Deutschland eingenommen und ein Chief Information/ Innovation Office (CIO) eingerichtet.

Es soll eine Gesamtstrategie „Digitale Stadt“ erarbeiten und digitale Trends und Entwicklungen beobachten. Bis Ende des Jahres wird das bisher zweiköpfige Team um ein weiteres Mitglied wachsen. Bis Anfang des nächsten Jahres sollen noch weitere Personen hinzukommen. Das Ziel des CIO ist es, neue Ideen zu sammeln und umzusetzen. „Gerade zu Beginn fokussieren wir uns auf kleine Projekte, die wir schneller umsetzen können als riesengroße“, erklärt der Leiter des CIO, Dr. Jan Rettberg. Funktioniert eine Idee tatsächlich, will die Stadt das Projekt ausweiten. „Funktioniert ein Projekt aber nicht, stampfen wir es wieder ein. Mit dieser Taktik können wir schneller Ergebnisse erzielen, als wenn wir jahrelang ein großes Projekt planen – und am Ende vielleicht doch scheitern“, erklärt Rettberg.

Am Anfang fokussieren wir uns auf kleine Projekte, die wir schneller umsetzen können

Digitalisierung in den Bereichen Klima, Energie, Verkehr, Sicherheit und Schule

Das CIO will Innovationsworkshops innerhalb der Verwaltung anbieten und den Austausch mit der lokalen Wirtschaft weiter vorantreiben. Entstehen dabei gute Ideen, werden Fokus-Gruppen gebildet, die den Vorschlag in die Praxis umsetzen.

Damit die Stadt den Erfolg der Projekte aber tatsächlich überprüfen kann, müssen Wissenschaft, Unternehmen und Verwaltung an einem Tisch zusammen kommen.

In den nächsten Jahren will Dortmund so vor allem die Bereiche Verwaltung, Bildung und Wirtschaft digitalisieren, den Breitbandausbau in den Schulen vorantreiben und dort moderne Medien einsetzen. Außerdem sollen die Bereiche Klima, Energie, Sicherheit und Verkehr weiter digitalisiert werden. Ein Bereich, mit dem sich das CIO gerade befasst, ist die Parkplatzproblematik in der Stadt. In einigen Vierteln sind Parkplätze, aber auch Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge, rar. Deshalb soll ein System entstehen, mit dem Privatparkplätze mit Ladeinfrastruktur ausgestattet und temporär gebucht werden können. Denn diejenigen, die tagsüber arbeiten, nutzen ihren privaten Parkplatz über Stunden hinweg nicht. In dieser Zeit könnte aber jemand anderes sein Auto dorthin stellen und zukünftig auch aufladen.

Gegen Parkplatzprobleme kämpfen aber auch andere Städte, wie etwa Lemgo. Hier werden an den Parkplätzen intelligente Sensoren angebracht. Diese erkennen anhand von elektromagnetischen Messungen, ob die Parkplätze frei sind oder nicht. Den Status können die Autofahrer dann in Echtzeit abrufen. In Zukunft könnten mit Systemen wie diesen auch Parkplätze gebucht, reserviert oder vermietet werden.

Verschiedene Kommunen zeigen, dass die Digitalisierung von Ort zu Ort ganz anders aussehen kann.

Die Möglichkeiten reichen von einer guten Homepage, zu Messenger-Diensten, über die Digitalisierung der Verwaltung oder Schule bis hin zu einem guten Parkplatz-Angebot.

Doch: Wieso schaffen es manche Kommunen regelrecht in die Zukunft zu springen, während manche nur träge hinterher hinken? „Das Hauptproblem sind die hohen Kosten, die eine Digitalisierung mit sich bringt.

Denn Kommunen können nicht einfach alle Bürgerbüros schließen und nur noch Online-Services anbieten, weil es immer Menschen gibt, die keinen Zugang zum Internet haben.

Zudem wollen viele Menschen einen direkten Ansprechpartner für ihre Probleme haben. Und solange das so ist, bedeuten digitale Services doppelte Kosten“, weiß Dr. Stefan Schneider, Experte für Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen vom Deutschen Institut für Urbanistik.

Allerdings lässt sich mit der Digitalisierung langfristig Geld sparen: „Deshalb sollten Kommunen bei der Haushaltsplanung ruhig an die nächsten zehn Jahre denken. Es muss ja auch nicht gleich jeder einzelne Bereich digitalisiert werden. Kommunen können sich stattdessen Schwerpunkte raussuchen, die sie als Erstes angehen wollen“, rät Dr Schneider.

Um die Digitalisierung aber tatsächlich umzusetzen, brauchen Kommunen vor allem eines: Daten, mit denen sie Prognosen aufstellen können und anhand derer sie Projekte initiieren können.

Die erste Frage, die sich eine Kommune also stellen sollte, um die Digitalisierung voranzutreiben, sollte also heißen: „Wie komme ich an relevante Daten?“

Auch von Njema Drammeh