Steuerschätzung, Finanzen Kommunen: Symboldbild Geldscheine und Münzen
Die Steuereinnahmen der Kommunen fallen geringer aus als im Frühjahr noch geschätzt.
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Steuerschätzung

Finanzen: Kommunen fordern Rettungspaket

Bis 2028 müssen Bund, Länder und Kommunen voraussichtlich mit etwa 58 Milliarden Euro weniger auskommen. Der Arbeitskreis Steuerschätzung prognostiziert in der Herbst-Steuerschätzung für die Städte und Gemeinden im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr zwar eine Steigerung ihrer Steuereinnahmen um 2,5 Prozent. Doch es werden nun weniger Einnahmen als noch im Frühjahr erwartet. Und die Ausgaben steigen. Ein Landrat beschreibt, warum sein Landkreis die Kreisumlage für die Kommunen drastisch erhöhen muss - und weshalb der finanzielle Abgrund drohe.

Die Situation der Landkreise, Städte und Gemeinden spitzt sich zu: "Die finanzielle Lage der Landkreise gleicht einem Flächenbrand, der sich unaufhaltsam ausbreitet und die kommunale Selbstverwaltung in ihren Grundfesten bedroht", beklagte jetzt Christian Dusch, Landrat des Landkreises Rastatt in Baden-Württemberg. "Mehr als 80 Prozent der Landkreise ächzen schon jetzt unter der Last explodierender Kosten, die ihre Einnahmen wie ein gieriges Monster verschlingen." Ein beispielloser Schuldenberg türme sich auf, der im kommenden Jahr voraussichtlich um atemberaubende 29 Prozent auf eine Milliarde Euro anwachsen werde.

Landrat: Finanzieller Abgrund

Auch der Landkreis Rastatt werde von dieser Katastrophe nicht verschont. Trotz steigender Einnahmen aus der Kreisumlage klaffe im Jahr 2025 ein tiefes Loch im Haushalt. Die Ausgaben im Krankenhaus- und Sozialbereich explodieren und reißen den Landkreis in einen finanziellen Abgrund, so Dusch.  Allein der Ausgleich des finanziellen Verlusts für das Klinikum Mittelbaden werde den Landkreis mit schwindelerregenden 15 Millionen Euro  belasten. Diese Summe gefährde die Handlungsfähigkeit des Landkreises ernsthaft.

Landrat Prof. Dr Dusch

"Die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand."

Prof. Dr. Christian Dusch, Landrat des Landkreises Rastatt

Um diesem finanziellen Desaster entgegenzuwirken, plane die Verwaltung eine drastische Erhöhung des Kreisumlagesatzes, kündige der Landrat an. Damit steht der Landkreis Rastatt nicht allein. "Die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand und fordern von Bund und Land ein Rettungspaket", so Dusch in seinem Hilferuf auf der Plattform LinkedIn. "Sie brauchen dringend finanzielle Unterstützung, um die explodierenden Kosten für Flüchtlingsaufnahme, Ganztagsbetreuung und Krankenhäuser stemmen zu können."

LinkedIn-Post Landrat Dusch Rastatt

Steuereinnahmen geringer als erwartet

Die Städte und Gemeinden in Deutschland können 2024 laut Herbst-Steuerschätzung rund 145,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen erwarten, das sind rund 600 Millionen weniger als erwartet. 2025 werden es voraussichtlich 151,6 Milliarden Euro sein, 1 Milliarde weniger als noch im Mai geschätzt wurde. Das Papier mit den Ergebnissen zur Steuerschätzung im Herbst finden Sie unten im Artikel als PDF zum Herunterladen.

 Forderungs-Katalog des Städte- und Gemeindebundes

"Betrachtet man die Jahre 2025 bis 2028, fällt das Ergebnis für die Städte und Gemeinden um 2,7 Milliarden Euro schlechter aus als noch bei der Frühjahrsschätzung angenommen", konstatiert der Deutsche Städte- und Gemeindebund. "Die Auswirkungen der sogenannten Wachstumsinitiative der Bundesregierung, insbesondere des Steuerfortentwicklungsgesetzes, konnten die Steuerschätzer jedoch noch gar nicht berücksichtigen", sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger. "Hier drohen den Kommunen nach dem Regierungsentwurf jährlich weitere Mindereinnahmen von in der Spitze 7 Milliarden Euro." 

"Ausgabengabenproblem in Deutschland"

Deutschland habe jedoch vor allem ein Ausgabenproblem, so Berghegger.  Er fordert: „Um die Kommunen strukturell zu entlasten, sind ein Aufgabenmoratorium und eine echte Konnexität, die kostenintensive Standardanpassungen sowie Erweiterungen bestehender Aufgaben umfasst, dringend notwendig." Zudem sei eine Erhöhung der gemeindlichen Anteile an den Gemeinschaftssteuern dringend geboten. 

"Finanzlage der Kommunen demokratiegefährdend"

Die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen gefährdet massiv die wirtschaftliche Prosperität sowie zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt. Die Finanzlage der Kommunen ist demokratiegefährdend. „Wenn Bund und Länder nicht gegensteuern, gerät die kommunale Selbstverwaltung und damit die lokale Demokratie insgesamt in ernste Gefahr‘“, so Berghegger.

Deutscher Städtetag: Bei Kommunen kaum noch Spielraum

"Die Ergebnisse der Steuerschätzung sind extrem ernüchternd", sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Auf absehbare Zeit wird das Wachstum der Steuereinnahmen größtenteils nur noch die Inflation ausgleichen können. Der Bund und die Länder müssen sich ehrlich machen: Für zusätzliche Aufgaben und Ausgaben besteht kaum noch Spielraum – vor allem bei den Kommunen.“

Das Papier aus dem Bundesfinanzministerium mit den Ergebnissen zur Steuerschätzung im Oktober 2024  als PDF zum Herunterladen:

Weitere Informationen und Grafiken zur Steuerschätzung.

Fotocredits: Landrat Christian Dusch: Christian Hanner